Druckartikel: Abschied vom "Dampf-Mockela"

Abschied vom "Dampf-Mockela"


Autor: Gerd Fleischmann

Kronach, Mittwoch, 17. August 2016

1964 wurde das Ende der Eisenbahnromantik auf der Rodachtalbahn eingeläutet: Die Dampflok, die seit 1928 im Einsatz war, absolvierte ihre letzte Fahrt.
Am 1. Februar 1964 hatte das "Dampf-Mockela", das seit 1928 auf der Strecke Kronach-Nordhalben gefahren war, ausgedient. Repro: Gerd Fleischmann


Am 1. Februar 1964 nahm die Eisenbahnromantik auf der Rodachtalbahn zwischen Kronach und Nordhalben ein durchaus wehmütiges Ende: Zahlreiche Fahrgäste und Eisenbahnfreunde verabschiedeten sich vom legendären "Dampf-Mockela". Zwölf Jahre später wurde der Personenverkehr auf dieser Strecke, die am 26. Juni 1900 erstmals in Betrieb genommen wurde, endgültig eingestellt.
Seit 1928 hatte die kleine Lokomotive auf der 24,8 Kilometer langen Lokalbahn Kronach-Nordhalben zuverlässig ihren Dienst versehen. Schon längst war sie ein Teil dieser Landschaft geworden. Rund 1,4 Millionen Kilometer legte sie in dieser Zeit zurück. Das ist immerhin das 35-fache des Erdumfangs.
Die Verantwortlichen des Kronacher Bahnhofs waren sich der historischen Tragweite voll und ganz bewusst, das "Mockela" in Ehren in den Ruhestand zu entlassen. Girlanden aus Fichtengrün durften beim Abschied nicht fehlen.

Bereits eine halbe Stunde vor der Abfahrt (13.18 Uhr) hatten sich viele Eisenbahnliebhaber auf dem Bahnsteig 1 in Kronach eingefunden. Wenige Minuten vorher war die Maschine schnaufend von der Wasserzapfstelle zurückgekommen, nochmals dicke Dampfwolken ausstoßend. Und jetzt sahen auch die Fans, wie schön der "Eisenbahn-Veteran" herausgeputzt war. Das "Mockela" glänzte, als hätten es die Eisenbahner im Betriebswerk Pressig-Rothenkirchen mit einer Riesenspeckschwarte eingerieben. Am Bug kündete ein großes Schild allen, die noch ahnungslos waren: "Letzte Fahrt des "Dampf-Mockela". Doch ehe sich der aus Lok, vier Personenwagen - die übrigens voll besetzt waren - und einem Packwagen bestehende Zug (Zugführer Baptist Pabstmann, Schaffner Willi Schirmer) in Bewegung gesetzt hatte, hielt der Bauern-Andres eine in Verse gefasste Abschiedsrede auf 64 Jahre Dampfbetrieb zwischen Kronach und Nordhalben. Dazu intonierten die Nachwuchseisenbahner Rainer Lohr (Klarinette) und Roland Nothaas (Gitarre) "Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus..."
Bereits am Flügelbahnhof winkten die Kronacher zum Abschied. Auch in Höfles, Unterrodach, Zeyern und Steinwiesen hatten sich zahlreiche Schaulustige eingefunden. Und in Nordhalben zeigte Bürgermeister Kurt Schübel mit einigen Räten ebenfalls Präsenz. Der älteste Fahrgast Philipp Endres, der bereits 1928 die Jungfernfahrt mitgemacht hatte, erhielt als besondere Auszeichnung ein Eisenbahnbuch.


Ein besonderer Tag

Für Oberlokführer Andreas Bär und Obertriebwagenführer Hans Fehn war der 1. Februar 1964 ein Tag von besonderer Bedeutung: Auch sie traten mit dem "Mockela" in den Ruhestand. Bereits seit 1936 fuhren sie mit der Lok auf der Strecke Kronach-Nordhalben.
Während in Nordhalben die Ehrengäste den Zug bestiegen hatten, dem nun eine Diesellok V 100 vorgespannt war, fuhr das Mockela, Baujahr 1928, in den Lokschuppen. In ihren 36 Dienstjahren hatte die Veteranin - sie kostete damals 57.600 Reichsmark - viele, viele Kilometer zurückgelegt und Tausende von Passagieren sicher durch das romantische Rodachtal befördert.


Boom der Eisenbahn

Schnell bringt die V 100 die Gäste zurück nach Kronach - schneller als das "Mockela". Aber trotzdem will darüber keine rechte Freude aufkommen, denn kein Läuten und kein Pfeifen werden mehr zu hören sein. An Stelle dicker Dampfwolken tritt ein dünner Dieselölrauch...
Am 28. Juli 1900 wurde die Lokalbahn Kronach-Nordhalben eröffnet. In jener Zeit hatte die Eisenbahn einen ungeheuren Boom erleben dürfen. Bereits 1907 erwirtschaftete man auf dieser Strecke einen Überschuss von 30.700 Reichsmark. Schließlich war die Bahnstrecke für die Menschen in dieser Region ein riesengroßer Fortschritt. Am 30. Mai 1976 stellten die Bahnmanager den Personenverkehr Kronach-Nordhalben endgültig ein.