Ablesefehler oder Fehlinterpretation
Autor: Karl-Heinz Hofmann
Theisenort, Mittwoch, 15. März 2017
Bei der Vorbereitung eines Vortrags stießen zwei ehrenamtliche Archivare auf rätselhafte Ungereimtheiten.
Das kirchliche Theisenort erwachte im Jahr 1357, also vor 660 Jahren, zu geschichtlichem Leben. Zur Erinnerung an die Einweihung der Burgkapelle im Jahr 1357 durch Weihbischof Walther will die Pfarrei Theisenort einen Vortragsabend und Gedenkgottesdienst abhalten. Bei ihren Recherchen in kirchlichen Annalen zur Vorbereitung des Vortrages stießen die beiden ehrenamtlichen Archivare, Rainer Domke, Gymnasiallehrer i. R., und Kirchenpfleger Heinz Kraus, in Archiven auf Fakten, die einer historischen Korrektur bedürfen. Darauf kam Rainer Domke zusammen mit Peter Wutz (Lateinlehrer am Kaspar-Zeuß-Gymnasium) bei der Übersetzung der Original-Urkunde, die zugleich als "Geburtsurkunde" des kirchlichen Lebens in Theisenort gesehen und geschätzt werden kann. Im geplanten Vortrag wird es wichtige Informationen über die Historie der Pfarrei Theisenort geben. In ihren Vorbereitungen fiel ihnen auf, dass die Jahreszahl 1097 geändert werden sollte.
Immer wieder wurde bisher in der Literatur und in Presseartikeln veröffentlicht, dass ein "Herr von Redwitz" (alte Schreibweise "her von Rebizz") 1097 in Teyzzenort eine Kapelle aus Holz erbaute. Dabei müsse es sich aber um einen Ablesefehler handeln. Rainer Domke forscht seit Jahren in Archiven. Nun entdeckte er, dass es sich entweder um besagten Ablesefehler beziehungsweise eine Fehlinterpretation der Inschrift in der kleinen Sandsteintafel über dem Westportal der Simultankirche in Theisenort handeln müsse. Die schlichte Bauinschrift, schmucklos einfach in spätgotischer Minuskelschrift (nur Kleinbuchstaben) auf Deutsch ausgeführt, benennt nur den Bauherrn und das Datum und kommt ohne Wappen aus. Die Buchstaben CCCC für 400 werden wegen Platzmangels nur ganz oben außerhalb der eigentlichen Inschrift angedeutet, was zur Interpretation der Jahreszahl 1097 führte.
Über die Einweihung der Kapelle, datiert vom 3.XII.1357 des Weihbischofs Walther (de Capella), existiert noch eine Originalurkunde aus Pergament im Staatsarchiv Bamberg. Weihbischof Walther weihte die Burgkapelle in Theisenort und verlieh dabei Ablässe. Die im Latein des Mittelalters geschriebene Urkunde ist die Geburtsurkunde des kirchlichen Lebens in Theisenort. "Wir sind stolz auf diese Urkunde, denn nicht jede Kirche kann eine Gründungsurkunde vorweisen", freut sich der Kirchenpfleger. Eine von Kraus erstellte Reproduktion der im Archiv gelagerten Originalurkunde, wurde nun zusammen mit der deutschen Übersetzung in einem schlichten Holzrahmen präsentiert. In Zusammenarbeit mit dem Peter Wutz investierte Rainer Domke viel Zeit um akribisch den Lateintext zu übersetzen.