Druckartikel: Willkommen in der Realität!

Willkommen in der Realität!


Autor: Petra Breunig

Bamberg, Donnerstag, 24. Oktober 2013

Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man herzhaft darüber lachen. Doch es geht ums nichts Geringeres als das Ausspähen des Handys der Bundeskanzlerin - womit die gierige Sammelwut der NSA endlich auf höchster Regierungsebene angekommen ist.
Angela Merkel ist bekannt dafür, dass sie viele SMS verschickt. Jetzt soll ihr Handy von den USA ausgespäht worden sein. Foto: Soeren Stache/dpa/Archiv


Was den normalen Bürger wahlweise aufregt oder kalt lässt, ist jetzt im Regierungsviertel in Berlin aufgeschlagen: Die USA spähen Handys aus, jedoch geht es dieses Mal nicht um ein Gerät, mit dem Menschen wie Sie und ich herumlaufen. Es geht um das Handy der Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Und die ist, um es salopp zu formulieren, ganz schön angefressen.

"Schwer", "Ungeheuerlich"

So sehr, dass sie US-Präsidenten Barack Obama in einem Telefonat (ob das über ihr Handy lief ist nicht klar) ziemlich deutlich gemacht hat, dass ein solches Vorgehen unter befreundeten Nationen nicht hinnehmbar ist. "Schwer" und "ungeheuerlich" sind denn auch die Worte, die aus Regierungskreisen nach außen dringen und zusammen mit der Einbestellung des amerikanischen Botschafters zum schweren Geschütz gehört, das in der Diplomatie aufgefahren wird.

Aufregung ist längst überfällig

Die Aufregung ist nicht nur berechtigt. Sie ist mehr als überfällig und hätte schon nach den Enthüllungen, die wir Edward Snowden zu verdanken haben, zu einem Aufschrei und in der Folge zu einem gemeinsamen Vorgehen der Europäer führen müssen. Doch noch beim Deutschlandbesuch Obamas wurde abgewiegelt, die deutsch-amerikanische Vertrauensbasis gerühmt, das Internet als Neuland tituliert und die NSA-Spitzel-Affäre für beendet erklärt.

Erst Merkels Handy katapultiert den ungeheuerlichen Schnüffelwahn der amerikanischen Behörden dorthin, wo er schon längst hingehört hätte: in die oberste Ebene der Regierungen Deutschlands und ganz Europas. Wie lange wollen die Verantwortlichen noch zusehen und sich hinter Diplomatie und Freundschaftsbekundungen verschanzen, anstatt das zu tun, wofür sie gewählt wurden: Die Rechte ihrer Bürger zu schützen.