Der Osterlockdown als staatlich organisierte Corona-Party - ein Kommentar
Autor: Io Görz
Berlin, Dienstag, 23. März 2021
Symbolpolitik, die versucht, gnadenloses Versagen bei wichtigen Themen zu vertuschen: Dieser Eindruck drängt sich nach dem nächsten sinnlosen Marathon-Gipfel auf. Ein Kommentar.
Wie haben Sie sich gefühlt, als sie heute Nacht oder am Morgen die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels gelesen haben? Auch so verwirrt und ratlos wie ich? An die 15 Stunden haben Bundeskanzlerin Merkel und ihre Runde beraten, gestritten, Duplos gegessen, die Lufthansa angerufen und dann kam das heraus? Ja, was denn jetzt eigentlich?
Der Lockdown wird verlängert bis zum 18. April und Gründonnerstag sowie Karsamstag werden zu Ruhetagen. Alle, die sich an die Hoffnung klammerten, dass nach dem gestrigen Gipfel zwar nichts besser, aber wenigstens klarer wäre, sind ebenso enttäuscht wie die hoffnungslosen Optimisten, die sich auf Lockerungen freuten.
Immer mehr Menschen sind entnervt und ungeduldig
Der Lockdown, der kaum diesen Namen verdient, ist hart genug, um Kultur und kleine Geschäfte abzuwürgen und Menschen seelisch zu belasten, bleibt im Kampf gegen die Corona-Pandemie ein zahnloser Tiger. Übermäßig komplizierte Regelungen, wann was unter welchen Umständen geöffnet oder geschlossen wird - außer die Länder oder Kommunen entscheiden einfach anders, wirkungslose Symbolpolitik und Mutlosigkeit an entscheidenden Stellen: Das kennzeichnet vor allem die derzeitige Corona-Politik.
Die Regierung schlingert zwischen hin und her zwischen “Wir müssen irgendetwas Drastisches tun” und “Wir brauchen Lockerungen um jeden Preis”. Während hierzulande die Intensivstationen langsam wieder voller werden und reihenweise wieder Schulen und Geschäfte schließen müssen, heben Flieger nach Mallorca ab. Wie man dieses Vorgehen selbst den vernünftigsten und gutmütigsten Menschen vermitteln will, ist ein Rätsel.
Das ist zwar immer noch keine Entschuldigung, der Vernunft und der Empathie völlig abzuschwören und auf Coronaleugner-Demos Polonaise auf den Gräbern zehntausender Toter zu tanzen. Es erklärt aber, warum selbst Menschen, die bisher jeden Weg mitgegangen sind, zusehends entnervt und ungeduldig werden. Eine ungute Stimmungslage, die droht zu kippen.
Komplett herunterfahren, aber nur fast
Es drängt sich auch die Frage auf, ob es den Teilnehmenden des Bund-Länder-Gipfels nicht selbst etwas dürftig vorkommt, womit sie nach diesem Marathon am Montag dann vor die Presse traten und sich an die Bevölkerung wandten. Das Chaos wird fortgesetzt, ergänzt um ein paar weitere sinnlose Bitten und Appelle nach Freiwilligkeit beim Einhalten wichtiger Maßnahmen. Dazu in zwei Wochen dann ein kurzes, beinahe komplettes Herunterfahren für fünf Tage, von denen drei Tage sowieso schon immer Feiertage waren (einer sogar schon immer mit Tanzverbot, zumindest in Bayern...).
Corona-Selbsttest online kaufen: Angebot bei Aponeo anschauenSo richtig durchringen zu einem kompletten Lockdown konnte man sich aber auch nicht, denn an Karsamstag dürfen Lebensmittelgeschäfte öffnen. Also doch keine Ruhepause über Ostern, sondern werden sich doch wieder Menschen in Geschäften tummeln. Wie sinnlos es ist, dass dann absehbar alle Menschen an noch weniger Tagen geballt in die Supermärkte rennen, braucht man gar nicht mehr extra zu erwähnen.