Stress im Job? Jenseits von Karoshi!
Autor: Falk Zimmermann
Bamberg, Dienstag, 23. April 2013
Stress am Arbeitsplatz gehört für viele zum Alltag: Mehr als jeder Vierte kommt im Job oft an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage im Auftrag der IG Metall. Aber kann man Stress im Job vermeiden? Gar per Verordnung?
Puh, was für ein Stress! Wieder nur durch den Tag gehetzt, Termin nach Termin, dann noch das "gaaanz eilige" Sonderprojekt vom Chef in Form gebracht, danach rasch aus aus dem Businessanzug, rein in die Joggingschuhe, die Kinder vorher noch mal eben zum Klavierunterricht gefahren. Wir leben ein Leben auf der Überholspur. Gefühlt zumindest. Und vor allem im Job, wie wir meinen.
Jeder Vierte von uns sieht sich am Arbeitsplatz vom Stress verfolgt, sagt eine Forsa-Studie im Auftrag der IG Metall. Für Gewerkschafter ist da der Ruf nach einer Anti-Stress-Verordnung nicht weit. Nur: Wie will man Stress realistisch messen? Und selbst wenn das gelänge: Wie kann man den Stress im Arbeitsalltag wirksam regulieren? Mit einem Tageslimit gegen die E-Mail-Flut, mit Stretching-Übungen auf dem Büroflur, mit Baldriantee aus der Kantine? Stress ist schließlich eine ganz individuelle Angelegenheit, hat ehrlicherweise auch viel mit Selbstorganisation zu tun - und mit subjektivem Empfinden.
Natürlich ist der Leistungsdruck im Arbeitsleben vielerorts gestiegen. Aber "mörderisch Stress" zu haben, scheint mittlerweile beinahe schick. Wer keinen Stress vorweisen kann, so der Eindruck, gehört irgendwie nicht richtig dazu. Oder macht am Ende gar etwas Falsches?
Die Kehrseite von Burnout und Co.: das Boreout-Syndrom, das Menschen ereilt, die sich am Arbeitsplatz krankhaft langweilen. Auch die gibt es. Zumal wir in einer Zeit leben, die viel individuellen Freiraum für Hobbys und Selbstverwirklichung lässt. Dass wir diese Frei-Zeit aber meist nicht zur Erholung und Kontemplation nutzen, sondern mit Terminen und privatem Leistungsdruck vollpacken, steht auf einem weiteren Blatt. Die übervollen Autobahnen Richtung Skigebiete an einem sonnigen Wintertag sprechen da eine deutliche Sprache.
Was nicht heißen soll, dass wir mit dem Stress-Phänomen nicht verantwortungsvoll umgehen sollen. Nur: Vom japanischen Karoshi (Tod durch Überarbeitung) sind wir in Deutschland nicht nur geografisch meilenweit entfernt. Stress gehört ein Stück weit auch zum Zeitgeist, so wie einst Hysterie zum guten Ton bei den Damen der gehobenen Gesellschaft im späten 19. Jahrhundert gehörte.