Stotter-Start für den SPD-Kanzlerkandidaten: Anstatt den Deutschen (s)ein Programm präsentieren, (s)eine Vision vermitteln oder die Regierung attackieren zu können, gerät er wegen Dutzender gut dotierter Vorträge als Abgeordneter selbst in die Defensive.

Nicht nur der politische Gegner, selbst Genossen fordern, dass Steinbrück sich erklärt. Ein Alptraum für den Mann, der als Finanzminister maßgeblichen Anteil daran hatte, Deutschland durch die Finanzkrise 2008/09 zu führen. Ein Eigentor des erfahrenen Politprofis, nicht etwa unglücklich, sondern eines mit Ansage. Denn nicht nur die Internetplattform abgeordnetenwatch.de fühlt Steinbrück seit Jahren auf den Zahn. Medien reden seit 2010 vom "Doppel-Kassierer", vom "Polit-Schwänzer", von "Steinbrück steinreich".

Die kritischen Nachfragen treffen Steinbrück also nicht wie Blitze aus heiterem Himmel. Insofern ist es fast schon peinlich, dass er und die SPD nun offensichtlich davon überrascht werden, dass sich jetzt noch mehr Menschen den Mann genauer anschauen wollen, der Deutschland regieren will.

Die Liste der gut 80 meist mit mehr als 7000 Euro vergüteten Vorträge, die der SPD-Kanzlerkandidat sich jetzt mühevoll abringen lässt, hätte er in der Schublade haben müssen. Als Abgeordneter hat er - soweit ersichtlich - seine Honorare in Höhe mehrerer hunderttausend Euro nach geltendem Gesetz deklariert.

Dass dieses Gesetz Nebeneinkünfte zulässt, die die Abgeordneten-Diäten um ein Vielfaches übersteigen, ist zwar ein idealer Nährboden für eine Neiddebatte. Die Möglichkeit selbst ist jedoch nicht Steinbrück anzulasten. Seit zwei Jahren blockiert Schwarz-Gelb eine schärfere Offenlegung von Zusatzeinkünften. Da die Verschleierung der Einkünfte gewollt ist, werden die Leitplanken lediglich durch Anstand und Moral definiert. Aus dieser Perspektive muss sich Steinbrück fragen lassen, ob es vertretbar war, zum Beispiel Abstimmungen über einen Afghanistan-Einsatz, über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz oder einer Haushaltsdebatte fern zu bleiben, um an anderer Stelle Vorträge zu halten.

Der SPD-Kanzlerkandidat ist gut beraten, selbst aufzuklären: schnell und umfassend. Die zunächst auch beim ihm erkennbare Salamitaktik ist gefährlich. Siehe Wulff und Guttenberg.