Hand aufs Herz: Kennen Sie Ihren Stromnetzbetreiber? Selbst für Journalisten war die Welt von Tennet, Amprion, 50Hertz und TransetBW noch vor einigen Monaten so exotisch wie eine Südseeinsel. Als der Strom einfach so aus der Steckdose kam, sprangen bei einer Pressekonferenz von Tennet allenfalls zehn Zeilen auf der Wirtschaftsseite raus.

Jetzt gehen die unbekannten Töchter der großen Stromerzeuger in die Offensive. Bürgerbeteiligung nennt man das, was per Gesetz und Beschleunigungsparagrafen seit Jahren schon so festgezurrt ist, dass die Beteiligung nur auf dem Papier steht. Die Bürger dürfen gerne ihren Unmut äußern.

Doch bei Leitungstrassen, die den Strom über hunderte von Kilometern quer durchs Land transportieren sollen, ist mit "Jetzt red i" auch schon wieder Schluss: Niemand würde eine neue Hochspannungsleitung mit Hurra begrüßen. Tennet und Co. könnten den Strom auch im Zickzack oder in Tunneln durchs Land schicken (und damit statt einer am Ende drei, fünf oder zehn Milliarden Euro auf den Strompreis aufschlagen): Widerstand gäbe es immer und überall.

Beim Stromtransport gibt es also nur eine Frage: Braucht man solche Leitungen oder nicht? Diese Frage war aber seit den Beschlüssen zur Energiewende längst beantwortet, in einem breiten Konsens inklusive CSU: keine Energiewende ohne Stromautobahnen.

Deshalb mutet bei allem Verständnis für den Unmut der Bürger das Herumgeeiere in Bayern so an, als hätten die führenden Politiker des Landes versuchsweise mit nassen Fingern in die Steckdose gelangt. Oder hat der Wirrsinn Methode? Wenn Bayern die Windkraft stoppt und die Stromleitungen bremst, bleibt ja als letzter Ausweg nur die Kernenergie. Am Ende lässt man dem Bürger die Wahl zwischen Pest oder Cholera. Auch eine Form von Bürgerbeteiligung.