Kommentar: Warum wir eine 0,0-Promille-Grenze brauchen - und was der Vergleich mit Cannabis lehrt
Autor: Robert Wagner
Franken, Mittwoch, 08. Januar 2020
Manchmal scheint es, Verkehrstote durch Alkohol am Steuer werden als natürliches Phänomen akzeptiert. Warum eine 0,0-Promille-Grenze sinnvoll ist: ein Kommentar.
Mit 1,9 Promille fuhr ein Südtiroler in der Nacht auf Sonntag im italienischen Bozen in eine Gruppe Touristen - sieben Deutsche sterben. "Dieses schreckliche Unglück macht mich fassungslos und unendlich traurig", sagte Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen - jenem Bundesland, aus dem wohl die meisten der Opfer stammen.
Sowohl in Italien als auch in Deutschland sorgt die Tragödie für das Aufflammen einer alten Diskussion: Jene um die Gefahren von Alkohol am Steuer. In beiden Ländern gilt eine Grenze von 0,5 Promille. Nun wird darüber diskutiert, ob diese auf 0 Promille gesenkt werden soll. Dabei ist die Frage eindeutig mit "Ja" zu beantworten.
Gesellschaftliche Akzeptanz durch Verharmlosung
Kritiker der 0,0-Promille-Grenze bringen gerne an, dass es im vorliegenden Fall keinen Unterschied gemacht hätte, ob die Grenze bei 0,0 Promille oder 0,5 Promille gelegen hätte - mit 1,9 Promille war der Fahrer sowieso jenseits von Gut und Böse. Entscheidend wären deshalb nicht niedrigere Grenzwerte, sondern härtere Strafen bei Verstößen. Doch diese Argumentation ist zu kurz gedacht. Denn das eigentliche Probleme mit Alkohol am Steuer ist die gesellschaftliche Akzeptanz und die Verharmlosung der Gefahr.
"Wer immer wieder etwas Alkohol trinkt und dann noch fährt, enthemmt seine guten Vorsätze", warnt der Verkehrspsychologe Ulrich Höckendorf vom Auto Club Europa (ACE). Will heißen: Bin ich ein paar mal nach einem Bier noch gefahren, fahre ich irgendwann auch noch nach zwei Bier - und dann vielleicht auch nach drei, vier oder eben zehn Bier.
Jeder 13. Verkehrstote geht auf das Konto von Alkohol am Steuer
Wollen wir diese Gefahr wirklich eingehen? Laut den offiziellen Unfall-Statistiken aus dem Jahr 2018 spielte bei knapp 5 Prozent aller Unfälle Alkohol eine Rolle - allerdings waren es laut des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) bei tödlichen Unfällen sogar 7,5 Prozent. Das heißt, jeder 13. Getötete geht auf das Konto von Alkohol am Steuer.
In der "Bild" meldete sich nach dem Unfall in Südtirol FDP-Verkehrsexperte Christian Jung zum Thema 0-Promille Grenze zu Wort "Wir haben in Deutschland eigentlich sehr gute Erfahrungen mit den bisherigen Regelungen gemacht." Angesichts der Zahlen und der Tatsache, das Alkohol zu einer der Hauptursachen für Verkehrsunfälle gehört, klingt dies wie blanker Hohn.