Druckartikel: Drei Gründe, warum die Diskussion um Greta Thunberg nur noch nervt - ein Kommentar

Drei Gründe, warum die Diskussion um Greta Thunberg nur noch nervt - ein Kommentar


Autor: Robert Wagner

Berlin, Montag, 16. Dezember 2019

Am Sonntag endete der UN-Klimagipfel in Madrid mit einem enttäuschenden Ergebnis. Und die Welt diskutiert über ein Foto von Greta Thunberg in der Deutschen Bahn. Es nervt.
Greta Thunberg, Klimaaktivistin und Schülerin aus Schweden, spricht mit Teilnehmern vor einem Klimamarsch. Thunberg spricht auf einer Klimademo in Turin. Die Diskussionen um die junge Aktivistin lenken von den eigentlichen Themen ab, findet unser Autor. Foto: Andrea Alfano/LaPresse via ZUMA Press/dpa


Wenige Tage ist es her, dass Greta Thunberg vom "Time Magazine" zur Person des Jahres 2019 gekürt wurde . Am Sonntag nun diskutiert die Welt über einen Tweet der 16-jährigen Schwedin: Da saß sie in einem ICE der Deutschen Bahn auf dem Boden. Drei Gründe, warum die Diskussion um die Klimaaktivistin nur noch nervt:

1. Weil eine 16-Jährige zum Feindbild gemacht wird

Als erstes: Weil es tatsächlich einige, wenn nicht gar viele Menschen gibt, die an dieser Stelle ernsthaft einen Kommentar erwarteten, in dem ein erwachsener Mann darlegt, was ihn an einem 16-jährigen Mädchen nervt.

 

Die Vehemenz und Härte, mit denen Menschen weltweit die junge Schwedin zu einer Feindfigur hochstilisieren, ist - verzeihen Sie den Ausdruck - erbärmlich und beschämend. Ich könnte an dieser Stelle zahlreiche Gründe nennen, warum dies so ist. Aber ganz ehrlich: Wer dies nicht selbst erkennt, dem ist nicht mehr zu helfen.

2. Weil die Diskussion die wichtigen Themen überschattet

Noch einmal: Am Sonntag endete der UN-Klimagipfel in Madrid - letztlich ohne nennenswertes Ergebnis. Selbst den anwesenden Politikern schien dies bewusst und zumindest einigen sogar peinlich gewesen sein. Bei einem der drängendsten Probleme der Menschheit zeigt sich die internationale Staatengemeinschaft letztlich unfähig, entschlossen zu handeln. Doch statt eine öffentliche Diskussion darüber zu führen, wird über Greta Thunbergs Zugfahrt durch Deutschland diskutiert.

Und dann meldet sich am Montag Familienministerin Franziska Giffey im "Bild"-Talk zu Wort und stellt fest, dass sich Thunberg ein Stück weit selbst inszeniert hat - und dass das "wahrscheinlich schon ein paar Glaubwürdigkeitspunkte" gekostet habe. Über die "Glaubwürdigkeit" der politischen Eliten, die beispielsweise mit einer Erhöhung der Pendlerpauschale gegen den Klimawandel kämpfen wollen, spricht jedoch keiner.

3. Weil die Sorgen eines großen Teils der Bevölkerung auf den Hype um eine Person reduziert wird

Seit Monaten gehen viele junge Menschen regelmäßig auf die Straße. Fridays for Future ist eine der größten zivilgesellschaftlichen Bewegungen der jüngeren Geschichte. Grüne NGOs bekommen weltweit Zulauf, ökologische Parteien gewinnen an Wählerstimmen.

Und trotzdem wird von einigen Seiten so getan, als handele es sich hierbei um einen kurzfristigen Hype - und nicht um die sich langsam durchsetzende Erkenntnis, dass die Menschheit ohne einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel ihrem Untergang mindestens genauso nahe kommt, wie in den Zeiten der atomaren Bedrohung im Kalten Krieg.

Dies ist frustrierend. Gerade auch deswegen, weil sich einige Menschen vom Thema Klimawandel abwenden, weil sie die Diskussion um Greta Thunberg nicht mehr hören wollen. Dabei sollte es nie um Greta Thunberg persönlich gehen. Ich bin mir sicher: Greta Thunberg sieht dies genauso.

Video: