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Die WM der Knochenbrecher


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Dienstag, 08. Juli 2014

Fußball ist brutal, verbissen und humorlos geworden. Die Spieler sind stromlinienförmig, das Publikum Statisterie für die TV-Vermarktung.
Das Foul: Der Kolumbianer Juan Zúñiga springe Neymar mit dem Knie voraus in den Rücken. Foto: Marius Becker, dpa


Betrachtet man die Attacke Juan Zúñigas auf den Star-Stürmer Neymar, drängen sich Assoziationen zu einem Büffel-Angriff auf. Vorher haben die Brasilianer aber auch nicht gerade agiert wie Ballett-Eleven: Allmählich dämmert auch berufsmäßigen Hochjublern, dass da eine Knochenbrecher-WM stattfindet. Und ein lüsternes Publikum erregt sich dran, lebt niedrige Instinkte aus wie beim römischen Gladiatorenkampf. Jedenfalls im Prinzip. Dabei ist es doch ein Spiel! Das zu einem ungeheuren Geschäft aufgeblasen worden ist. Deshalb die Umrahmung des Spiels mit endlosem Palaver. Der legendäre Radio-Reporter Günther Koch sagte einmal: "Fußball sind die 90 Minuten, die der Ball spricht. Alles davor und danach ist Geschwätz." Deshalb die stromlinienförmigen Bubis, bei denen es schon zum Skandal gerät, wenn einer mal leicht ungehalten auf dumme Reporterfragen reagiert. Was waren ein Petar Radenkovic ("Bin i Radi, bin i König"), ein Sepp Maier ("Katze von Anzing"), Horst Hrubesch, "Katsche" Schwarzenbeck im Vergleich dazu hoch originelle Persönlichkeiten. Und das Publikum aller Länder hatte sich auch noch nicht zu geschminkter Statisterie für die Stadionkamera erniedrigt. "Der Fußball hat mit dem Fußball nichts mehr zu tun", sagt Slobodan Komljenovic, ehemals bei 1860 München. So ist es.