Druckartikel: Die Sparer müssen weiter leiden

Die Sparer müssen weiter leiden


Autor: Matthias Litzlfelder

Bamberg, Freitag, 04. Dezember 2015

Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, das Ankaufprogramm für Staatsanleihen auszuweiten, hält unser Kommentator für problematisch. Sie sorge höchstens für höhere Bankgebühren.
Foto: Andrea Warnecke, dpa


So abstrakt die jüngsten geldpolitischen Lockerungen der Europäischen Zentralbank (EZB) auf viele Menschen wirken, so konkret spürt sie zeitversetzt jeder Einzelne.
Es hatte sich im Vorfeld schon angekündigt, dass der gestrige Tag kein guter für Sparer werden wird. Weil die EZB nun über 2016 hinaus Milliarden in die Finanzmärkte pumpen wird, vergrößert sich die Geldschwemme. Wer ein Sparbuch besitzt, der kann schon seit Jahresbeginn verfolgen, wie sich der Zins hierauf der Null-Linie nähert. Und es wird auf absehbare Zeit nicht besser. Auch Tages- und Festgeld werfen weiterhin wenig bis nichts ab.


Lebensversicherungen ohne Überschüsse

Ignorieren kann die dauerhafte Niedrigzinsphase fast niemand. Auch derjenige nicht, der kein Geld auf der hohen Kante hat. Schon mal die Kalkulationen der Versicherer bei der Altersvorsorge genau betrachtet? Außer dem Garantiezins, der bei Lebensversicherungen inzwischen auf 1,25 Prozent abgeschmolzen ist und demnächst wohl verschwinden wird, bleibt am Ende nicht mehr viel übrig. Die einstigen Prognosen mit hohen Überschussanteilen, sie gehen ins Leere. Warum? Weil die Lebensversicherer das Geld ihrer Kunden überwiegend in Staatsanleihen stecken. Deren Rendite sinkt, wenn sie die EZB im großen Stil aufkauft.


Unberechenbarer Aktienmarkt

Viele, die es sich leisten können und die nötige Risikobereitschaft aufbringen, investieren in jüngster Zeit verstärkt in Aktien. Doch wie sprunghaft und unberechenbar dieser Markt reagiert, zeigt der gestrige Tag. Eigentlich hätte das EZB-Signal aus Frankfurt die Aktienkurse beflügeln und die Rendite der Staatsanleihen nach unten drücken müssen. In beiden Fällen war das Gegenteil der Fall. Die Anleger sind mittlerweile so verwöhnt, dass sie noch mehr von der EZB erwartet hatten: nicht nur längere Anleihenkäufe, sondern auch in größerer Menge.


Maßnahmen werden verpuffen

Das alles lässt tief blicken. Auch dieses neue EZB-Programm wird verpuffen. Eine höhere Kreditvergabe an Unternehmen ist unwahrscheinlich. Die Banken haben schon bisher erfolgversprechende Projekte finanziert, von anderen werden sie weiterhin die Finger lassen. Daran wird sich nichts ändern. Was kommen wird, sind höchstens höhere Bankgebühren.
Alles negativ also? Nein. Alles hat zwei Seiten. Baukredite bleiben günstig. Und die deutsche Exportwirtschaft kann sich über einen langfristig schwachen Euro freuen.