Der Kuhhandel mit der Herdprämie
Autor: Falk Zimmermann
Bamberg, Montag, 05. November 2012
Jetzt soll das Betreuungsgeld doch kommen. Aber warum? Als familienpolitisches Instrument hat das Betreuungsgeld bereits in seiner Thüringer Version versagt.
Vielleicht haben nächtliche Verhandlungsrunden doch einen entscheidenden Nachteil: Die Urteilsfähigkeit scheint zu später oder sehr früher Stunde recht eingeschränkt zu sein. Wie sonst ist zu verstehen, dass Schwarz-Gelb die Ergebnisse ihres Koalitionsausschusses als Beleg für die Handlungsfähigkeit der Regierung hernimmt. Die Praxisgebühr wird abgeschafft. Okay. Diese war ohnehin überflüssig und hat ihre Wirkung verfehlt. Weil sie die Zahl der Arztbesuche nicht zu reduzieren vermochte. Und den Kassen selten so viel Geld zur Verfügungen stand wie heute.
Aber das Betreuungsgeld? Jetzt soll es also doch kommen. Mit Hilfe der Liberalen, die sich mit ihrer Zustimmung in der Nacht zum Montag artig für das Praxisgebühr-Bonbon bedankten. Teure Wahlgeschenke, die da geschnürt worden sind. Dass die FDP mit ihrem Einsatz für ein "Bildungssparen" dem Betreuungsgeld noch eine vermeintlich plausible Komponente hinzudichten möchte, macht die Sache nur noch schlimmer.
Sechs Jahre Betreuungsgeld in Thüringen haben gezeigt: Das Instrument ist so überflüssig wie ein Kropf. Zur Erinnerung: Der Freistaat gewährt bereits seit 2006 das von Kritikern nicht zu Unrecht als "Herdprämie" bezeichnete Betreuungsgeld in Höhe von 150 bis 300 Euro für Zweijährige, die nicht in öffentlichen Einrichtungen betreut werden. Mit dem "Erfolg", dass die Frauenerwerbsquote gerade bei den Geringqualifizierten gesenkt wurde und Kinder in ihrer frühkindlichen Entwicklung gehemmt werden. Und als wäre dies alles nicht genug, belegen ernst zu nehmende Studien auch Auswirkungen auf die gesamte Familie.Ältere Geschwister blieben dem Kindergarten häufiger fern, heißt es da, die Erwerbsbeteiligung der Väter ging ebenfalls leicht zurück.
Nun sollen die Auswirkungen dieser verheerenden Familienpolitik bundesweit zum Tragen kommen. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, man könnte in schallendes Gelächter verfallen. Es bleibt indes das Geheimnis der Unionsparteien, warum sie gerade hier so viel Energie und Zeit investieren. Oder liegt es am Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz, der ebenfalls ab August 2013 gilt? Sollte es dann nicht genügend Plätze geben, könnte man im Zweifelsfall noch mit den Euros winken...