Ausgangssperre, jetzt! Habt ihr den Schuss nicht gehört? - Kommentar zur Coronavirus-Krise
Autor: Rupert Mattgey
Franken, Freitag, 20. März 2020
Wir brauchen eine Ausgangssperre, und zwar jetzt! Wer die Bilder vom vollgestopften Münchner Viktualienmarkt sieht, wer von "Corona-Partys" liest, wer die exponentiell steigende Kurve der Coronavirus-Infektionen in Deutschland kennt, der muss sich fragen: Habt ihr den Schuss nicht gehört? Ein Kommentar von Rupert Mattgey.
Es war Angela Merkels letzte Warnung. In einer für ihre Verhältnisse außerordentlich emotionalen Ansprache wandte sich die Bundeskanzlerin am Abend des 18. März 2020 direkt an die Bevölkerung. Merkels wichtigstes Anliegen: Bleibt zuhause! Haltet Abstand! Lasst uns gemeinsam die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland eindämmen.
Es gibt einen Grund für Merkels mahnende Worte: Die unsägliche, unfassbare Ignoranz, die Zehntausende Bürger dazu bringt, auf dem Münchner Viktualienmarkt ihren Prosecco zu schlürfen, als wäre nie irgendwas gewesen, am Isarstrand dicht gepackt in der Sonne zu liegen, sich in sozialen Netzwerken zu "Corona-Partys" zu verabreden und sich zu Hunderten zum gemeinsamen Saufen und Tanzen im Stadtpark zu treffen. Als wäre das alles nur ein Spaß. Auch in Franken musste die Polizei bereits zwei "Corona-Partys" auflösen. Man möchte fragen: Habt ihr alle den Schuss nicht gehört?
Ausgangssperre: Weil sie es einfach nicht begreifen
Viele Menschen begreifen offenbar nicht, dass es um mehr geht als das eigene Leben. Es geht um das Leben anderer. Das der Alten und Kranken in diesem Land. Diese Leute begreifen nicht, dass "die Alten und Kranken in diesem Land" direkt nebenan wohnen, im Nachbarhaus, in derselben Wohnung: die alten Nachbarn, der Vater, die Oma, die kranke kleine Schwester. Sie begreifen nicht, wie unglaublich gefährlich ihr rücksichtsloses Treiben ist.
Ja, es mag für viele Jugendliche schwer sein, ihren Freundeskreis für einige Wochen nicht zu sehen. Aber wer sich jetzt nicht an die Regeln hält, bringt sich und andere in Lebensgefahr. Das ist unentschuldbar. Die eigene Freiheit endet dort, wo andere zu Schaden kommen.
Wenn Arroganz auf Ignoranz trifft, ergibt das eine für alle Beteiligten erfahrungsgemäß eher ungute Mischung. Im festen Glauben an die eigene Unsterblichkeit macht man einfach weiter, als sei alles in bester Ordnung. Trotz all der Mahnungen. Trotz all der Einschränkungen und wirtschaftlichen Folgeschäden, die einem doch zu denken geben sollten, sofern man dazu in der Lage ist. Trotz der schrecklichen Bilder aus den italienischen Krankenhäusern, trotz der explodierenden Infektionszahlen, trotz der Ausrufung des Katastrophenfalls in Bayern.
Merkel-Ansprache: "Was will die alte Tante?"
Eines der größten Problem dabei ist vermutlich, dass diese vorwiegend jungen Menschen in ihrer eigenen Welt leben, im Internet würde man, bezogen auf soziale Medien, von einer "Filterblase" sprechen.