Die Corona-Warn-App zeigt mir seit heute an, dass ich eine Risikobegegnung mit einer infizierten Person hatte. Und jetzt? Ruhig bleiben, sagt die App. Kein Handlungsbedarf. Danke für gar nichts! Ein Kommentar von Rupert Mattgey.
Ich habe heute zufällig die Corona-Warn-App geöffnet, weil ich nachsehen wollte, ob ich die aktuelle Version installiert habe. Ich hatte eine Begegnung mit einer Corona-infizierten Person, stand da. Das war die erste Überraschung. Die Corona-Warn-App sieht keinerlei Handlungsbedarf – das war die zweite.
„Sie hatten eine Begegnung mit einer später Corona-positiv getesteten Person“, informierte mich die App. „Ihr Infektionsrisiko wird auf Grundlage der Daten der Risiko-Ermittlung dennoch als niedrig eingestuft.“ Schau an, interessant, dachte ich mir. Wie kann das denn sein?
Corona-Warn-App: Absurde Risiko-Ermittlung
„Ein niedriges Risiko besteht insbesondere dann, wenn sich Ihre Begegnung auf einen kurzen Zeitraum oder einen größeren Abstand beschränkt hat.“ An dieser Stelle wurde ich unruhig. Kurzer Zeitraum? Was soll das denn heißen? Gilt hier noch die meiner Meinung nach höchst zweifelhafte Marke von 15 Minuten? Und der größere Abstand? Das sind vermutlich die berühmten 1,5 Meter. Was also, wenn die später Corona-positiv getestete Person und ich nur 14 Minuten lang die Köpfe zusammengesteckt haben, ist das Risiko dann folglich „niedrig“? Das ist geradezu absurd.
Zum Glück tut die App alles dafür, mich zu beruhigen: „Sie müssen sich keine Sorgen machen und es besteht kein besonderer Handlungsbedarf. Es wird empfohlen, sich an die allgemein geltenden Abstands- und Hygieneregeln zu halten.“ Puh, da hab‘ ich ja noch mal Glück gehabt! Ich leg‘ mich wieder hin und tu so, als sei gar nichts gewesen.
Unvollständige und widersprüchliche Informationen
Aber Moment mal: Macht es sich die gute Corona-Warn-App da nicht ein bisschen zu einfach? Um ehrlich zu sein, fühle ich mich gerade extrem verunsichert. Was soll ich mit dieser unvollständigen, widersprüchlichen Information anfangen? Warum steht da nicht, wann diese Begegnung wo stattgefunden hat? In einem Restaurant? Auf der Straße? Bei einem Freund? Im Büro? Apropos Büro: Ist es ratsam, mit dem Wissen um meine Risikobegegnung noch ins Büro zu gehen? Was, wenn ich mich doch angesteckt habe? Ist es ratsam, mich jetzt noch mit Freunden zu treffen? Ist es ratsam, meinen 80-jährigen Vater zu besuchen? Chef sagt „Nein!“. Freunde sagen „Nein!“. Vater sagt „Nein!“. Corona-Warn-App sagt „Ja!“.
Danke für gar nichts, Corona-Warn-App!
Wenn es nach der Corona-Warn-App ginge, würde ich all das weiterhin tun, schließlich besteht nicht der geringste Grund zur Sorge. Worin also liegt der Sinn dieser App? Worin liegt der Sinn dieser Wohlfühl-Warnung, die mich erst zutiefst verunsichert mit der Mitteilung, dass ich eine Risikobegegnung mit einer infizierten Person hatte, und mich dann einlullt wie heißer Tee und eine warme Decke an einem kalten Wintertag, weil es nichts, absolut nichts zu befürchten gibt? Kommt das Kratzen in meinem Hals von Corona oder vom Anschreien der Corona-Warn-App?
Danke für gar nichts!
Lieber Herr Mattgey, die von Ihnen beschriebenen Warnungen im „grünen Bereich“ habe ich im Risiko Gebiet Berlin“ schon häufiger erhalten. Nun leuchte meine Corona Warn App am Samstag plötzlich dunkelrot. Fünf Begegnung mit erhöhtem RISIKO. Es war mir möglich am selben Tag noch einen Corona Test zu machen. Das Ergebnis wurde mir drei Tage später über die App mitgeteilt: Negativ letztendlich. Das System funktioniert sehrwohl. Daher möchte ich appellieren die App herunter zu laden und entsprechend zu handeln. Es kommt auf jeden einzelnen von uns an...
Die App funktioniert auch. Das Problem was ich sehe ist eher, dass die App im hier beschriebenen "grünen Bereich" die Leute eher verunsichert, als ihnen hilft. Natürlich sollte man die App herunterladen und ich werde diese auch weiterhin behalten, allerdings hat sich mich eher verunsichert und leicht panisch gemacht als mir weiter zu helfen in diesem Fall.
Sehr guter Kommentar! So ging es mir nämlich auch. Diese App verunsichert eher als alles andere. Wenn wenigstens ein Tag und eine Uhrzeit angegeben werden würde wann diese Begegnung war könnte man es zumindest eingrenzen... so löst sie nur panik und verunsicherung aus.