Und er braucht sie doch: Der CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer hatte im Oktober 2008, gleich nach seinem Amtsantritt, die Sozialministerin Christa Stewens entlassen samt ihren Kabinettskollegen Thomas Goppel und Eberhard Sinner.

Niemand über 60, lautete damals Seehofers Parole. Goppel war wütend, Sinner enttäuscht, und Stewens, die eben noch stellvertretende Ministerpräsidentin war unter Günther Beckstein, hätte verbittert sein können. Aber sie fuhr halt einfach wieder S- und U-Bahn von Poing in ihrem oberbayerischen Stimmkreis Ebersberg zum Landtag, Haltestelle Max-Weber-Platz.

Nun ist die 67-jährige Mutter von sechs Kindern, die sich nicht mehr um ein Mandat im neuen Landtag bewirbt, Helferin in der Not ihrer Fraktion und des Ministerpräsidenten. "Horst, ich ahne Schreckliches," soll sie in ihr Handy gesagt haben, als Seehofer schon am Donnerstag anrief.

Da ahnte der CSU-Chef schon Schrecklicheres. Er, der gern von seiner "neuen CSU" spricht, sah sich wieder konfrontiert mit alten Schlagworten: Amigos, Filz. Eher als der Fraktion war Seehofer klar, dass im Wahlkampf nicht erklärt werden kann, warum der Großverdiener Georg Schmid, der höhere Bezüge hat als der Ministerpräsident, seiner Frau mehr Geld zuschanzen konnte, als viele Wähler je zu verdienen hoffen.

Also zwang Seehofer zunächst Schmid und dann die Fraktion zu unverzüglichem Handeln, um den bereits entstandenen Schaden wenigstens zu begrenzen. Dies allein zeigt schon, wie sehr sich die immer heikle Machtbalance in der CSU verschoben hat vom Landtag hin zur Staatskanzlei.

Faktisch nahm der Ministerpräsident der Fraktion sogar ihr ureigenes Recht auf die Wahl ihres Vorsitzenden: Er duldete keine lange Personaldiskussion um seinen Vertrauten Thomas Kreuzer, der zur Verfügung gestanden hätte, und seinen Rivalen Markus Söder, der sich eifrig meldete. Er wollte Christa Stewens, und zwar schnell. Punkt.

Denn: Nur diese Lösung lässt Seehofer freie Hand nach der Landtagswahl. Seehofer spekuliert auf Ilse Aigner, und, neben den Widrigkeiten einer Kabinettsumbildung: Eine Übergangslösung wäre mit Kreuzer nicht zu machen gewesen, und mit Söder schon gar nicht.
Nun hat Seehofer, bei allem Respekt vor der Parteisoldatin Christa Stewens, was er will: Eine Fraktionschefin mit Verfallsdatum.