Aids ist und bleibt eine Gefahr. Jochen Nützel findet: Wir sollten uns nicht von zu viel Sorglosigkeit anstecken lassen.

Vielleicht ist es ein Verdienst Hella von Sinnens. "Tina, wat kosten die Kondome?" plärrte die Moderatorin, als Supermarktkassiererin verkleidet, 1990 in einem Aufklärungsspot für Verhüterli durch den TV-Vorabend. Vielleicht war es richtig, einen Aufreger wie Aids und den Schutz davor mit Humor zu verquicken. Nur die Bundesregierung verstand den Spaß nicht. Wie sich später herausstellte, hatte Hella im Ursprungstext nicht Tina gerufen, sondern Rita. In Anspielung auf Gesundheitsministerin Rita Süßmuth.

Der Spot ist Geschichte. Aids ist es nicht. Aus der öffentlichen Wahrnehmung ist die Immunschwäche weitestgehend verschwunden; ein paar stumme Werbetafeln in Vororten von Städten zeigen die aktuelle Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die einst lauthals von Sinnen war. Was da nicht steht: Heute leben in Deutschland 78.000 HIV-Infizierte. Das sind aber nur die mit bekanntem Testergebnis. Die Panik bei "positiver" Nachricht ist evident wie eh und je - bessere Behandlungsmöglichkeiten hin oder her. Auch wenn die Zahl der Neuinfektionen stetig sinkt, wäre ein Abwandern der Krankheit aus dem öffentlichen Bewusstsein in den psychologischen Untergrund eine Katastrophe.

Aids bleibt im wahrsten Wortsinn virulent. Wir alle sollten uns nicht von zu viel Sorglosigkeit anstecken lassen.