Zwei Kitzinger wollen zur Weltmeisterschaft der Friseure
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Mittwoch, 30. Oktober 2013
Messerscharfe Geschichte: Wie Sandra Walter und ihr Bruder Thomas Walter zu Formel-1-Fahrern unter den Friseuren geworden sind.
Der Vater war's. Der Vater und gleichzeitig Chef Alfred Walter. Er hat seinem Sohn Thomas und seiner Tochter Sandra einen Floh ins Ohr gesetzt. Dieser Floh hat sich mittlerweile in mehrere nationale und internationale Pokale verwandelt. Und er wird den beiden Friseur-Meistern wohl auch den Weg ins deutsche Team für die Weltmeisterschaft der Friseure im Jahr 2014 ebnen.
Die Geschichte mit dem Floh begann im Frühsommer. Die Deutsche Meisterschaft für Friseure war zwar schon vorbei, doch Alfred Walter wusste: Noch können sich seine Kinder für die Weltmeisterschaft, die im Mai 2014 in Frankfurt stattfinden wird, qualifizieren. "Er hat uns angestachelt", erzählt Thomas Walter. "'Ihr könnt das doch', hat er gesagt. 'Warum macht Ihr nicht mit?'"
Also fuhren Thomas und Sandra Walter mit ihren Familien eines schönen Juni-Wochenendes nach Koblenz, wo sich quasi das Trainings-Lager für ambitionierte Friseure befindet.
Seither wird nach der täglichen Arbeit in den Salons in Kitzingen, Schwarzach und Lengfeld noch stundenlang an der "perfekten Frisur" getüftelt: Der 43-jährige Thomas arbeitet am klassischen Messerhaarschnitt und an technisch strukturierten Herrenfrisuren mit hohem Schwierigkeitsgrad - "da sitzt jedes einzelne Haar" - , während Sandra der Schwerkraft trotzt und das lange Ziegenhaar auf ihrem Damen-Modellkopf in ein Kunstwerk aus tollen Farben und extravaganten Formen verwandelt.
Manche Frisuren müssen im Wettbewerb in Rekordgeschwindigkeit entstehen - für einige ist nur zwischen sieben und 20 Minuten Zeit. "Da muss jeder Handgriff sitzen", stellt Sandra Walter fest.
Spontan nach Moskau
"Kunst und Können müssen Hand in Hand gehen", fügt ihr Bruder hinzu. Die mentale Vorbereitung müsse ebenso stimmen wie die Fingerfertigkeit und die Kreativität.
Dass das bei den Walters der Fall ist, zeigte sich schnell: Da ein Kollege plötzlich krank wurde, bat der Bundestrainer Sandra Walter im September kurzfristig, bei der Europameisterschaft in Moskau teilzunehmen. Ohne spezielle Vorbereitung kam sie auf den 10. Platz. Ihr Bruder siegte bei der Mitteldeutschen Meisterschaft in Erfurt gleich zweifach: In den Kategorien "Technische Frisur" und "Klassische Frisur" wurde er Erster.
Vor wenigen Tagen bei der Bayerischen Meisterschaft räumten dann beide ab: Sowohl Thomas als auch Sandra Walter belegten jeweils den 1. Platz, sind also Bayerische Meister in ihrer jeweiligen Sparte.
Vier solche Sparten wird es bei der WM 2014 geben. In jeder davon tritt ein vierköpfiges Team der besten Friseure des Landes an. Die Walters haben nach ihren jüngsten Erfolgen und durch ihr fleißiges Training gute Chancen, vom Bundestrainer nominiert zu werden und in den jeweiligen WM-Teams starten zu dürfen.
Sie treten damit in die Fußstapfen ihres Vaters Alfred, der dreimal bei der Friseur-WM dabei war. Nicht zuletzt aus dieser Erfahrung heraus hat er seine Kinder auch angestachelt: "Eine WM zu erleben, ist halt das Höchste."
Thomas und Sandra Walter fühlen sich derzeit "wie Formel-1-Fahrer unter den Friseuren". Doch nicht nur deshalb geben sie Gas und nutzen jede freie Minute fürs WM-Training. "Auch für den Alltag bringt die zusätzliche Qualifikation viel", findet Sandra. "Das Formen- und Farbengefühl und alle Techniken werden immer ausgereifter." Ihr Bruder nickt. "Wir können zeigen, wie vielseitig das Friseur-Handwerk ist, wie kreativ, aber auch wie präzise. Das motiviert mich ungeheuer."
Ob er und seine Schwester bei der WM aufs Treppchen kommen oder nicht: Beide sind ihrem Vater jetzt schon dankbar. Weil er sie angestachelt hat, sind sie Formel-1-Fahrer mit Schere und Kamm geworden.