Wiesentheider Austausch mit Israel
Autor: Sabine Berthold
Wiesentheid, Dienstag, 09. Juli 2013
Zum ersten Mal sind im Steigerwald-Landschulheim Wiesentheid israelische Gastschüler zu Besuch. Zwölf Tage bleiben die Schüler in Deutschland, wo sie in Familien rund um Wiesentheid untergebracht sind.
von unserer Mitarbeiterin Sabine Berthold
Wiesentheid — Die beiden israelischen Lehrkräfte Ben Erely und Sharon Hacohen Bar sind begeistert von der deutschen Gastfreundschaft. "Es ist eine tolle Möglichkeit, die Deutschen besser kennen zu lernen, voneinander zu lernen und etwas davon mit zurück nach Israel bringen zu können", sagt Ben Erely. Und die Frage nach den Vorurteilen, die Israelis, die Juden gegenüber Deutschen haben? Gastmutter Nina Steinhauser hat mit der 16-jährigen Liron aus Israel noch nicht über die Geschehnisse im Dritten Reich gesprochen. "Vielleicht kommt das noch, wenn wir am Donnerstag gemeinsam die Gedenkstätte in Buchenwald besuchen."
Zum gemeinsamen Sabbatessen trafen sich die Gasteltern,die Schüler und die Gäste aus Israel am Freitagabend. Auf den ersten Blick war dabei nicht zu erkennen, welcher der Jugendlichen Deutscher und wer Israeli ist.
Für den Abend hatte das Küchenteam der Wiesentheider Schule eine Sonderschicht eingelegt. Hauswirtschaftsleiterin Renate Blank hatte sich extra schlau gemacht, auf was sie bei der koscheren Essenszubereitung zu achten hat: Fleisch und Milchprodukte müssen getrennt zubereitet werden, es darf kein Schweinefleisch geben. "Wir haben verschiedenes Rindfleisch und koscher geschlachtetes Huhn zubereitet", berichtet sie.
Große Unterstützung fand sie im Vorfeld bei Sibille Harel, die lange Zeit in Israel in einem Kibbuz gelebt hat und nun mit ihrer Familie in Volkach wohnt. "Es gibt in den liberalen jüdischen Familien die verschiedensten Ausprägungen beim Essverhalten", erklärt sie. "Und die streng orthodoxen Juden würden an einem solchen Schüleraustausch nicht teilnehmen."
Alkohol ist tabu
Keine Probleme bei der Essenszubereitung hat auch Gastmutter Manuela Steinhauser. "Wir essen zu Hause normale und vegetarische Speisen. Ich stelle beides auf den Tisch und unsere Gastschülerin Liron nimmt sich, auf was sie Lust hat", erklärt sie. Zwar ist Liron zu Hause koscher, doch hier in Deutschland will sie alles mal versuchen. Nur Alkohol, den würde sie strikt ablehnen. Wie die meisten ihrer Mitschüler ist sie gerade mal 16 Jahre alt.
"Sie hat sich sofort integriert, ist weltoffen und nett und hat schon viele Länder in Europa bereist", weiß Manuela Steinhauser über das israelische Mädchen mit der dunklen Brille und den langen Haaren zu berichten. Vor dem Besuch hätten sich Liron und ihre Tochter Nina mit Emails und per Skype ausgetauscht. "Sie verstehen sich prächtig."
Es ist der Initiative von Schuldirektor Hilmar Kirch zu verdanken, dass dieser ungewöhnliche Austausch zu Stande kam. Über das bayerische Kultusministerium war er im letzten Jahr in Israel, um erste Kontakte zu knüpfen. Dieses Jahr im Februar war er mit seiner Frau zu Besuch in Jerusalem, um alles fest zu machen. "Ich finde diesen Austausch eine tolle Gelegenheit, die Grundwerte unserer Schule wie Verantwortungsbewusstsein, Toleranz und Weltoffenheit in die Tat umzusetzen", bekräftigt Kirch, der sich Israel sehr verbunden fühlt, nicht zuletzt weil seine Tochter als Lehrerin an einer evangelischen Schule in Bethlehem unterrichtet.
Nach ein paar Tagen haben die jungen Gäste aus Israel schon ihre ersten Erfahrungen gemacht. "Ich finde es toll, wie strukturiert und pünktlich die Deutschen sind", meint eine Gastschülerin. Tiefere Einblick in das Lebender Deutschen hat Jonathan Harel gesammelt. Er hat letztes Jahr sein Abi in Wiesentheid gemacht, ist in Israel geboren und spricht fließen hebräisch. Bei dem Austauschprogramm hilft er als Dolmetscher. Harel erzählt, dass sich die Gastschüler sehr gewundert hätten, wie leise es im Schulhaus während der Unterrichtzeiten war. Ob da überhaupt jemand anwesend sei", wollten sie wissen.
Gastmutter Regina Stahl kann nach den ersten Tagen keine Vorurteile erkennen. "Die Jugendlichen sind offen, wollen die Kultur anderer Länder kennenlernen und bringen eine gewisse Toleranz mit", freut sie sich. Ihre Tochter Sarah und ihre israelische Freundin Ambar unterhalten sich angeregt, wie alle Mädels in dem Alter: über Musik und Klamotten.