Druckartikel: Wem geht die Museumsleiterin an die Wäsche?

Wem geht die Museumsleiterin an die Wäsche?


Autor: Julia Volkamer

Marktbreit, Mittwoch, 20. März 2013

Nein, Simone Michel-von Dungern ist niemandem an die Wäsche gegangen. Und wenn, dann nur im übertragenen Sinne. Die neue Sonderausstellung im Museum Malerwinkelhaus erzählt aber manch kuriose Geschichte zum "Drunter" der Damen von 1860 bis 1970.
Simone Michel-von Dungern vor einem der ältesten Ausstellungsstücke. Fotos: Julia Riegler


In der Lagerhalle in Marktbreit gibt es einen ziemlich großen Raum mit ziemlich vielen Regalen, Schränken, Kisten und Truhen. Regelmäßig streift Simone Michel-von Dungern durch diesen Raum, und immer wieder findet sie dort Inspiration - und interessante Stücke, die im Malerwinkel-Museum keinen Platz haben. Zuletzt fielen der Museumsleiterin die vielen Kleidungsstücke auf. Vor allem diejenigen, die man eigentlich nicht sehen sollte.

Davon entdeckte sie außergewöhnlich viele - und viele Außergewöhnliche. Aus alten und neueren Zeiten, aus Bauern- und Kaiserbesitz, aus Wolle und Seide. Und im Kopf von Simone Michel-von Dungern entstand das Bild der Sonder-Depotausstellung, die am Donnerstagabend im Museum Malerwinkelhaus eröffnet wird: Die Museumsleiterin ist "An die Wäsche gegangen". Sie erzählt mit der Ausstellung und dem dazugehörigen Katalog ein Stück Geschichte der Unterwäsche.

Und gleichzeitig ein Stück Marktbreiter Geschichte.

Geschichte und Geschichten

Schließlich sind nicht nur etliche Wäschestücke zu sehen, sondern auch Zitate von Zeitzeugen, Filme, Bilder, kleine Texte aus aller Welt, aber vor allem eben auch aus Marktbreit.

Zwischen Krinoline - dem Gestell, das die Röcke Ende des 19. Jahrhunderts so wunderbar aufbauschte - und Turnüre - dem Polster, das frau sich zur Betonung des Allerwertesten auf denselben schnallte - erfahren die Besucher der Ausstellung allerhand Kurioses und Wissenswertes aus diesen längst vergangenen Zeiten. So hat sich Wilhelm Busch höchstselbst mit dem Phänomen der weiblichen Wäsche beschäftigt und seine Sicht der Dinge in "Adelens Spaziergang" geschildert: die berockte Hauptdarstellerin dieser Bildergeschichte fällt übrigens einem Ziegenbock zum Opfer und der Reifrock wird zum Storchennest.

Auch das Korsett und seine Folgen für die Gesundheit werden thematisiert, Sebastian Kneipp kommt zu Wort und plädiert für weite Wäsche - die dann auch in Mode kommt. Ein Glück für Elisabetha Schoberth, die in Würzburg bis zu ihrer Hochzeit 1921 die "Weißnäherin" Nummer eins war.

40 Jahre der Damenwelt gedient

Und für die Geschäftsleute in Marktbreit - schließlich warb nicht nur D. Rindsberger mit seinen "Modewaren". Der jüdische Kaufmann musste sein Geschäft aufgrund der politischen Situation in den 1930er Jahren allerdings schließen - zuvor hatte er 40 Jahre der Damenwelt aus der Region gedient. Eine wertvolle Hilfe, die gekaufte Wäsche zu pflegen. waren auch Bügeleisen, Waschmaschine mit den dazugehörigen Saubermachern und Co.

Alle möglichen Stücke hat Simone von Dungern-Michel zusammengetragen, und zu jedem hat sie eine kleine Geschichte parat. So kann sie erklären, dass auch Marktbreit einmal einen Bleichwasen hatte - er hieß allerdings "Bleichrasen" und lag unterhalb des Lagerhauses.

Neben all den liebevollen Details und der kreativen Umsetzung, die ganz deutlich die Handschrift der Museumsleiterin trägt, ist es vor allem die Tatsache, wie gut die Sonderausstellung zum Dauerthema "Frauenzimmer" passt. Immer wieder gibt es Hinweise und Bezüge darauf, die Besucher erleben die Dauerausstellung quasi inklusive Exkurs in die Welt der Wäsche. Hier lohnt es sich, einmal unter die Fassade der Oberbekleidung zu schauen.

Eröffnung Donnerstag, 21. März, 20 Uhr, in der Rathausdiele Marktbreit mit Vortrag von Simone Michel-von Dungern; im Anschluss lädt der Förderverein für das Museum im Malerwinkelhaus e.V. zu Umtrunk und Imbiss ein. Der Eintritt ist frei. Vorher kann man in die Ausstellung hineinschnuppern.

Öffnungszeiten "An die Wäsche gegangen" 21. März bis 10. November, Donnerstag 14 bis 20 Uhr, Freitag bis Sonntag 14 bis 17 Uhr, Gruppenführung auch nach Vereinbarung; Info unter Tel. 09332/591596 oder per Mail aninfo@malerwinkelhaus.de