Vom Stolz, in der SPD zu sein
Autor: Michael Czygan
Dettelbach, Sonntag, 21. Januar 2018
Mit Leidenschaft stritten die Sozialdemokraten um die GroKo. Die Befürworter haben sich durchgesetzt. Eva-Maria Deppisch aus Dettelbach hätte es gern anders gehabt.
Am Ende gehört Eva-Maria Deppisch zu den Verlierern, als Noch-Justizminister Heiko Maas das Ergebnis verkündet: 362 Genossen befürworten Gespräche, 279 lehnen sie ab, einer enthält sich. Denkbar knapp also – mit 56,4 Prozent – beschließt der SPD-Sonderparteitag am Sonntag in Bonn die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU.
Die 30-Jährige, eine von neun Delegierten aus Mainfranken, ist enttäuscht. Als „Mehrheitsbeschaffer“ der Union werde die SPD weiter an Profil verlieren, findet sie. Deppisch, die Stadträtin in Dettelbach (Lkr. Kitzingen) ist, wünscht sich den Gang in die Opposition, damit sich die Partei wieder auf ihre Grundwerte besinnen könne – als da wären die Solidarität mit den Schwachen in der Gesellschaft oder ein internationales, antirassistisches Europa.
„Ich war schon 2013 gegen die GroKo“
Martin Schulz hätte Deppisch mit seiner Rede nicht mehr überzeugen können. „Ich war schon 2013 gegen die GroKo.“ Die 30-jährige Jungsozialistin (Juso) sieht sich nach dem Auftritt ihres Parteichefs bestätigt. Erschöpft wirkt der Obergenosse, angeschlagen. Aber er wirbt dennoch unermüdlich weiter für den seiner Ansicht nach „mutigeren Weg“, nämlich mit der Union zu verhandeln.
- Unser GroKo-Liveblog zum Nachlesen
Dass auch er seine Meinung geändert hat, erklärt Schulz mit der „fundamental veränderten Lage“ des Landes nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche. Dafür sei nicht die SPD verantwortlich.
Die Sondierungsergebnisse böten die Chance, die Lage vieler Menschen, etwa von Alleinerziehenden, jungen Familien und Rentnern, „spürbar“ zu verbessern. Um dies zu erreichen, mache er Politik. Konkret nennt Schulz die Parität in der Krankenversicherung, das Recht auf kostenlose Ganztagsbetreuung, die Erhöhung des Bafög, den sozialen Wohnungsbau und die Lebensleistungsrente. Auch eine Begrenzung von Rüstungsexporten und ein Aus für die Austeritätspolitik in Europa habe man durchsetzen können.
SPD-Verhandlungserfolge, die auch den Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel überzeugen. „Ich bin Pragmatiker“, sagt der Chef der Unterfranken-SPD. Deshalb stimmt er an diesem Sonntag mit Ja. Dass nun noch einmal versucht werden soll, ein Verbot der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen durchzusetzen, findet der langjährige Gewerkschafter aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) „richtig gut“. Diese Forderung in Verhandlungen mit CDU und CSU doch noch zu realisieren, werde aber „ein hartes Stück Arbeit“.