Versicherungen um über 500 000 Euro betrogen
Autor: Franz Barthel
Würzburg, Mittwoch, 24. April 2013
Eine Reparaturwerkstatt hat Versicherungen mit frei erfundenen Unfällen abgezockt. Der Besitzer wurde schon verurteilt, jetzt steht ein 32-Jähriger in Würzburg vor Gericht, der ihn jahrelang bei dem Betrug unterstützt haben soll.
Für "kleine Gefälligkeiten" wie kostenlosen Ölwechsel und Reparaturen umsonst, eine Tankfüllung, einige Hunderter auf die Hand oder ein neues Modell zum ausgiebigen Probefahren soll ein 32 -Jähriger aus dem Landkreis Main-Spessart den Chef eines Gebrauchtwagenhandels mit Reparaturwerkstatt im Landkreis Würzburg jahrelang bei vorgetäuschten Unfällen unterstützt haben. Betrug in 21 Fällen hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts angeklagt und den Schaden der Versicherungen auf knapp über eine halbe Million Euro beziffert.
Bei Leuten mit einem ganz bestimmten Migrationshintergrund sei es weit über den Raum Würzburg hinaus bekannt gewesen, dass man sich bei dieser Werkstatt, meist nach Feierabend, bevorzugt auf Parkplätzen oder Feldwegen, gelegentlich aber auch nach Absprache im fließenden Verkehr, durch das "Herstellen" von Unfallschäden etwas
Gewissen Druck ausgeübt
Der Werkstatt-Besitzer, der nach seiner Festnahme recht gesprächig war, ist deswegen nur zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden, die er bereits verbüßt. Bei dem nun angeklagten Vorarbeiter aus dem Landkreis Main-Spessart hatte das Gericht den Eindruck, dass der bei Sprachproblemen helfen, aber in erster Linie Landsleute "überprüfen" sollte, ob die ohne Risiko für das Unfall-Geschäft eingesetzt werden können. Außerdem sei er häufig zum Abschleppen an so genannte Unfallstellen gerufen worden und auf ihn konnte der Werkstattbesitzer sich verlassen.
Sogar am Abend des 1. Weihnachtsfeiertages wurde ein Unfall inszeniert und das Gericht vermutete, dass der Angeklagte, obwohl er kein breites Kreuz hat, aufgrund seiner regionalen Herkunft einen gewissen drohenden Druck auf Beteiligte ausüben sollte. Es gebe auch Zeugen, die aussagen, dass der Angeklagte ganz konkrete Anweisungen gegeben hat, welche Art von Schäden bei den Unfällen entstehen sollen.
Um die Schadensmeldungen an Versicherungen in der Größenordnung bis über 40 000 Euro "wasserdicht" zu machen, hatten die Auto-Bumser auch Unfälle durch Polizeiinspektionen quer durch Unterfranken aufnehmen lassen und Versicherungen, die nicht zahlen wollten, sogar vor Gericht verklagt: In einem Fall mit Erfolg, weil man bei Gericht die Täuschung nicht erkannte.
Knapp 100 Ermittlungsverfahren
Nachdem der Werkstatt-Schwindel aufgeflogen war, sind knapp 100 Ermittlungsverfahren gegen Beteiligte eingeleitet worden, von denen etwa die Hälfte aus der früheren Sowjetunion stammt. "Erwischt" hatte es dabei auch einen ehemaligen Mitarbeiter der Zulassungsstelle im Landratsamt Würzburg, der im gleichen Ort wie der Autohändler wohnte. Durch kleine Gefälligkeiten "angefüttert", hatte er zuletzt in die Fahrzeugpapiere alles eingetragen, was der Gebrauchtwagenhändler haben wollte. "Gebrauchte" sind durch Fälschung der Erstzulassung verjüngt worden und dadurch im Preis gestiegen, Untersuchungstermine wurden hinausgeschoben und im Fahrzeug dokumentierte technische Veränderungen überhaupt nicht vorgenommen. Da seien Fahrzeuge zugelassen worden, so die Staatsanwaltschaft, die in dem Zustand überhaupt nicht verkehrssicher waren. Entlohnt wurde der Mann aus der Behörde auch durch kostenloses Überlassen von Fahrzeugen, bis "hinauf" zum 5 er BMW und Cabrio, und natürlich freiem Werkstatt-Service.
Für die Verhandlung sind Termine bis Ende Mai angesetzt.