Vandalismus an Wahlplakaten ist kein Kavaliersdelikt
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Freitag, 06. Sept. 2013
Fast alle Parteien haben regelmäßig im Wahlkampf mit dem gleichen Problem zu kämpfen: Plakate werden beschädigt oder gestohlen. Kavaliersdelikte sind das nicht - wer Wahlplakate klaut, zerstört oder Kandidaten mit Sprüchen beleidigt, macht sich strafbar.
Einige Tage sind schon vergangen, aber wenn Rainer Bischof an das vergangene Wochenende denkt, ärgert er sich immer noch: Unbekannte haben in Dettelbach Ost Kleinholz aus Plakatständern der Freien Wähler gemacht. "Die wurden mutwillig zerstört." Die Beschädigung von Plakaten und Ständern oder auch deren Diebstahl - das ist ein Problem, mit dem zu Wahlzeiten regelmäßig alle Parteien konfrontiert werden.
Landtagswahl, Bezirkstagswahl, Bundestagswahl - von überall her schauen sie uns seit Wochen an, die Kandidaten, die um die Stimmen der Wähler buhlen. Trotzdem sind nach Angaben aller Parteien die Schäden relativ gering. Bei der letzten Wahl sei es schlimmer gewesen, sagen beispielsweise Freie Wähler und Grüne und beziehen sich dabei auf die Landratswahl im vergangenen Jahr.
Heuer sind die Wahlplakate erst zwei Mal im Bericht der örtlichen Polizei aufgetaucht: Im Juli waren in Groß- und Kleinlangheim 30 von der Bayernpartei aufgestellte Wahlplakate plötzlich weg - ein Schaden von 80 Euro. In Rüdenhausen fehlten nach dem vergangenen Wochenende zehn Plakate der CSU. Der Materialschaden lag bei 60 Euro. Der Ortsverband hat die Polizei eingeschaltet.
Nicht jeder Standort ist erlaubt
Verschwundene Plakate sind allerdings nicht immer mit einem Diebstahl gleichzusetzen, macht der Kitzinger Polizeichef Harald Hoffmann deutlich. "Plakate dürfen nur an Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr angebracht werden", erklärt er. Unter anderem an Stoppschildern sind sie also nicht erlaubt - sie werden dann wieder entfernt, vom Bauhof zum Beispiel, oder vom Straßenbauamt.
Dass Bündnis 90/Die Grünen ihre Plakate in Wiesentheid und Prichsenstadt richtig aufgehängt und aufgestellt hatten, da ist sich Sprecher Heiner Schmidt sicher. Er war selbst für das Plakatieren in diesem Bereich des Landkreises zuständig. Bei einer Rundfahrt am Mittwoch hat er jetzt festgestellt, dass in diesen beiden Orten relativ viele Grünen-Schilder fehlen. Dort haben dann wohl doch Diebe zugeschlagen.
Die Grünen werben für die bevorstehenden Wahlen mit etwa 350 Schildern im Stimmkreis, SPD und CSU haben jeweils etwa 500 aufgestellt, die Freien Wähler zirka 600. Meist sind sie hälftig aufgeteilt auf Landtags- und Bezirkstagswahl. Dass ab und an ein Plakat verschwindet, ist nach Ansicht aller befragten Parteien völlig normal. "Das ist ein Schwund, den man einkalkulieren muss", sagt Rainer Bischof.
Manche Plakate werden gestohlen, andere beschädigt oder die Ständer ganz zerstört. So wie eben vergangenes Wochenende in Dettelbach. Übermut und Alkohol, so vermutet Bischof, waren der Antrieb für die unbekannten Täter. Besonders ärgerlich findet er nicht nur, dass die Ständer neu waren, erst kürzlich aus Leichtholz gefertigt und farblich gestaltet. 50 solche Exemplare hatte man gekauft, 1000 Euro dafür ausgegeben. Seinen Unmut äußert er außerdem darüber, dass die Unbekannten nicht nur die Ständer kaputt gemacht haben, sondern teilweise auch die Laternenmasten beschädigt, an denen sie angebracht waren.
Auch wer meint, ein bisschen auf einem Gesicht herumzukritzeln, das sei doch völlig harmlos, der aufgemalte schwarze Bart sei gar amüsant, der irrt: Eine Sachbeschädigung ist es in jedem Fall. "Das Plakat ist nicht mehr brauchbar, der Mensch darauf wird lächerlich gemacht", stellt Harald Hoffmann klar.
Kaum eine Chance auf Aufklärung
Ob das Material nun beschädigt oder geklaut wurde - es ist schwer, den Verursacher zu finden. In Windeseile ist das Plakat weggenommen oder bemalt, oft zu nächtlichen Zeiten. Zufällige Zeugen gibt es so gut wie nie. "Die Wahrscheinlichkeit, jemanden zu erwischen, tendiert gegen null", sagt der Polizeichef ganz offen. Die Aufklärungsquote liege unter einem Prozent.
"Wir schalten die Polizei nicht ein, das wäre viel Makulatur", sagt denn auch Rainer Bischof, der gemeinsam mit etwa acht anderen Bereichsmanagern für die Plakatierung der Freien Wähler im Stimmkreis zuständig ist. "Wir wollen die Polizeibehörde nicht unnötig belästigen."
Beim SPD-Vorsitzenden Heinz Galuschka sind bislang keine Meldungen über größere mutwillige Zerstörungen eingegangen. Auch aus den vergangenen Wahlkämpfen kann er sich nicht an Beschädigungen von so großem Ausmaß erinnern, dass sie zur Anzeige gebracht werden mussten. Er spricht dabei von den letzten 15, 20 Jahren, so lange ist Galuschka schon federführend dabei.
Dass die Entscheidung, ob die Polizei informiert wird oder nicht, keine einfache ist, macht Gerlinde Martin vom CSU-Kreisverband deutlich. Der hat heuer noch keine Anzeige erstattet. "Die Leute, die mutwillig die Sachen zerstören, sollten schon wissen, dass das geahndet wird", sagt sie. Schließlich seien Wahlen wichtig für eine Demokratie und damit sei es auch wichtig, dass es Wahlplakate gibt.
Ehrenamtliche Helfer müssen noch einmal ran
Die CSU-Kandidatin hat einen schwarzen Zahn und eine Sprechblase, das SPD-Plakat ist durch rechtsradikale Sprüche verunglimpft - derartige Vorfälle hat es also auch in diesem Jahr schon gegeben. Dann wird überplakatiert - und da sind wieder die Mitglieder gefragt, die ehrenamtlichen Helfer und die Ortsverbände, die zu Beginn auch die Ständer beklebt, ausgefahren und aufgestellt haben. Diejenigen, ohne die keine Partei eine Wahl stemmen kann. Diejenigen, die sich ganz besonders ärgern, wenn Plakate verschwunden oder zerstört sind. Wahrscheinlich mehr noch als die Kandidaten.