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Ungeliebte Stadtbewohner in Kitzingen


Autor: Tom Müller

Kitzingen, Freitag, 21. Dezember 2012

Auch in Kitzingen hätte man lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Ein neues Taubenkonzept soll die Population begrenzen.
Eine Taube geht vor dem Jugendhaus in der Schrannenstraße spazieren. Die verwilderten Tiere vermehren sich zu stark.  Foto: Benedikt Borst


Der liebe Gott allein wird wohl wissen, wieso er den Heiligen Geist ausgerechnet als Taube auf die Erde herabkommen ließ. Vielleicht deshalb, weil die Taube einfach allgegenwärtig ist. Tauben gibt es auf allen Kontinenten in nahezu jeder Stadt. Ihr Image allerdings hat zumindest in Europa gelitten.

"Für mich sind das einfach die Ratten der Lüfte", titelt Robert Endres. Der so urteilt, ist nicht etwa ein Feind der Taube, sondern immerhin Vorsitzender der Kreisgruppe Kitzingen im Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV). "Die Taube verursacht zwei Probleme", erklärt Endres. "Ihr Kot greift die Bausubstanz der Gebäude an und überträgt Krankheitserreger". Diese zwei Faktoren sind es, die den Kitzinger Stadtrat zum Handeln bewegt haben. Eine "Verordnung der Stadt Kitzingen über das Taubenfütterungsverbot" wurde erlassen. Parallel dazu wird ein neues Taubenkonzept umgesetzt.



Verordnung erlassen

"Im gesamten Stadtgebiet der Großen Kreisstadt Kitzingen ist es verboten, verwilderte Tauben zu füttern", heißt es in der Verordnung. Klagen von Vogelfreunden, die gegen die Verordnung womöglich protestieren wollen, entkräftet Robert Endres vehement. "Das hat mit Tierliebe absolut nichts mehr zu tun", hält er fest. "Wer Tauben füttert, hilft einzig und allein mit, die Probleme zu verschärfen". Diese Meinung teilt auch Georg Schwarz, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Kitzingen, in dessen Ressort die Taubenplage fällt. "Bei uns häufen sich die Beschwerden über den Kot der Tiere", sagt Schwarz, "daher sind wir sehr froh über das klare Votum für die Verordnung im Stadtrat". Mit 24 zu 2 Stimmen wurde die Verordnung angenommen, die dem Ordnungsamt, dem Verkehrsüberwachungsdienst und der Sicherheitswacht nun Rückendeckung gibt.

Zunächst 30 Euro Geldbuße

Das Füttern der Tauben ist nun eine Ordnungswidrigkeit, "die zunächst mit 30 Euro Geldbuße belegt wird", verrät Schwarz. Kitzingen reiht sich damit in die gängige Praxis der meisten Städte und Gemeinden im Umland ein. In Würzburg zum Beispiel ist das Fütterungsverbot seit 2009 beschlossene Sache.

Kitzingen hat schon seit Jahren einiges probiert, um dem Ausufern der Taubenpopulation entgegen zu wirken. "Von 1992 bis 2011 durften die Tauben im Stadtgebiet geschossen werden", berichtet Georg Schwarz. "Außerdem war ein hauptamtlicher Taubenfänger im Einsatz". Natürlich wurden den Tauben auch in Kitzingen Gipseier in die Nester gelegt. "Die Tauben hatten allerdings schnell bemerkt, dass ihnen quasi faule Eier untergeschoben wurden", verrät der Vogelexperte Endres. "Die Maßnahme war daher nicht zielführend".

Auch die Pille für die Taube war schon im Einsatz - mit ebenso wenig Erfolg. Christel de Azevedo, Taubenbeauftragte der Stadt Würzburg, hat eine Erklärung: "Es ist in den wenigsten Fällen möglich, über 90 Prozent einer Taubenpopulation zuverlässig zu behandeln". Die Tauben, die die Pille nicht schlucken, würden ihrerseits die Fortpflanzung erhöhen und die Reduktion wieder ausgleichen. "Das haben wir tatsächlich beobachtet", erklärt Georg Schwarz. "Erhöhter Druck von außen veranlasst die Tauben, ihrerseits die Brut zu steigern". Aktuell schätzt der LBV die Population in Kitzingen auf etwa 2000 Exemplare.

Ziel: Die gezielte Anfütterung

Das neue Taubenkonzept in Kitzingen verfolgt einen anderen Ansatz. Es sollen Taubenschläge aufgestellt werden, in denen die Tiere gezielt angefüttert werden. Diese legen dann in diesen Vogelhäusern ihre Nester. "Und nicht wie sonst in Dachrinnen, die sie verstopfen und die von uns kaum zu kontrollieren sind", so Endres. Von den vier bis sechs Eiern, die eine Taube legt, werden dann alle bis auf eines entfernt. "Die Taube brütet ganz normal weiter und zieht dann nur ein einziges Junges groß".

So schonend wie möglich

Endres erachtet diese Maßnahme als einigermaßen vielversprechend. "Der Einsatz von Wanderfalken wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung", ergänzt er. Generell aber vertreten beide, der Vogelexperte wie auch der Ordnungsamtsleiter, die Ansicht, dass es unmöglich ist, alle Tauben aus dem Stadtgebiet zu verbannen. "Das wollen wir ja auch gar nicht", so Schwarz. "Wir müssen nur so schonend wie irgend möglich die Menge reduzieren. Das ist unser Ziel".