Strom macht mobil
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Dienstag, 23. April 2013
Wie alltagstauglich sind Elektrofahrzeuge? Ein Test.
Ob das Ding wohl praxistauglich ist? "Smart" ist es auf den ersten Blick jedenfalls - der Name ist Programm. Der kleine Zweisitzer ist kein normaler Pkw, sondern ein Elektro-Auto. Mit frisch aufgeladener Batterie steht es da und wartet auf Probefahrer.
Also reingesetzt, angeschnallt, das putzige Armaturenbrett bewundert: Zwei "Froschaugen" zeigen Ladestand und Reichweite an. Doch wo ist der Schlitz für den Zündschlüssel? Yusuf Akdeniz von der Kitzinger Belectric Drive GmbH lächelt und zeigt vom Beifahrersitz aus auf die Stelle, an der man sonst nur die Handbremse vermutet. Aha, da muss der Schlüssel rein.
Eine Million Elektrofahrzeuge wünscht sich die Bundesregierung bis 2020 auf deutschen Straßen. Bisher sind es gerade mal 7 100 - bei 60 Millionen Fahrzeugen (Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt). Durch den Kreis Kitzingen "stromen" aktuell 27. Warum so wenige?
Eine viertel Umdrehung mit dem Zündschlüssel nach rechts - das Display leuchtet. Noch einen kleinen Dreh weiter... war da was? "Der Motor ist jetzt an", stellt Akdeniz fest; verdutzte Blicke pariert er wiederum lächelnd: "Auch wenn man ihn nicht hört." Tatsächlich ist es völlig still. Doch kaum ist der Automatikhebel von der Park- in die Fahrposition gebracht und der rechte Fuß hat das Gaspedal angetippt, geht´s los. Hui! Der Kleine mit seinen gerade mal
40 KW Leistung zieht gut. Ohne störendes Schalt-Geruckel kommt der Smart ED - ED steht für Electric Drive - rasch in Fahrt, und das, obwohl nicht einmal der "Spaßmodus" eingestellt ist, sondern die Öko-Stufe. Die Beschleunigung drückt einen trotzdem in den Sitz. In Verbindung mit dem leisen Pfeifen des E-Motors erinnert das an den Start einer Straßenbahn. "Ich denke immer, es ist ein bisschen wie bei Knight Rider", meint Yusuf Akdeniz.
Außerorts überschreitet der ED problemlos die 100 km/h - jetzt aber bremsen, ehe die Polizei kommt. Zurück in der Stadt, ist die Ampel rot. Es ist ein seltsames Gefühl, lautlos neben lauter Brummern zu stehen.
Es wird Grün. Jetzt zeigt das E-Auto erneut, dass auch ein gewisser Fun-Factor in ihm steckt. Der BMW nebenan hat keine Chance: Zack, ist der Smart davongezogen. Nach einigen Sekunden holt der Benzinschlucker zwar wieder auf; aber erst war der Kleine mal weg.
Der schnelle "Antritt" gefällt auch Dr. Jürgen Engbring: "Eine lahme Ente ist der Smart nicht." Der Hochvolt-Systemexperte für Elektro-Mobilität war einer von 30 Mitarbeitern der Kitzinger Firma Leoni, die den Smart ED eine Woche lang auf Herz und Nieren testen konnten. Das E-Mobil nebst Ladebox hatte ihnen die Kitzinger Innopark-Firma Belectric Drive zur Verfügung gestellt.
Die verschiedenen Smart-Typen hat Leoni allesamt verkabelt. Die Anschlüsse der Hochvoltbatterie sowie der vollständige 12V-Leitungssatz des Smart ED wurden in Kitzingen entwickelt. Dr. Engbring, der privat ein Hybrid-Auto fährt, analysiert ganz nüchtern die Zukunft der E-Mobilität: "Mit Batterien kann man die Energiedichte von flüssigem Kraftstoff nicht erreichen. Deshalb wird es weiter Verbrennungsmotoren geben." Allerdings gebe es "eine sehr große Nische für E-Fahrzeuge". Bei Reichweiten von 200 bis 300 Kilometern werde deren Preis eines Tages mit dem der Benziner mithalten. Bei steigender Nachfrage sinke der Preis. Dann wären E-Autos vielfach eine perfekte Alternative.
Der Preis ist noch nicht heiß
Als "Stadtflitzer" begeistere die 3. Generation der Stromer heute schon - 100 bis 110 Kilometer schafft der vollgeladene Smart. Allerdings seien 6 000 Euro Kostenunterschied vom "normalen" zum E-Smart noch zu hoch.
Engbring findet: Wer sich aus ökologischen Gründen für ein E-Auto interessiert, der müsse sich auch mit der Herkunft des Stroms auseinander setzen und mit der Subventionierung regenerativer Energien. Yusuf Akdeniz wirbt für die Verknüpfung von Photovoltaik und E-Mobilität. "Das ist natürlich das Beste - Stichwort Eigenverbrauchs-Optimierung bei PV-Anlagen."
Die Nutzung der natürlichen Standzeiten des E-Autos in Kombination mit der "intelligenten" Ladebox und vernünftigem Last-Management ermögliche "Fahren mit Sonnenstrom".
Mehr als der Öko-Aspekt ist für Jürgen Engbring der Spaßfaktor entscheidend. Bei höher motorisierten Modellen sei die Freude am E-Fahren schon sehr groß. Allerdings hätten alle noch ein "Reichweitenproblem".
"Das Stromtankstellen-Netz wird immer dichter", lässt Akdeniz diesen vermeintlichen Minuspunkt kaum gelten. "Außerdem hat es auch seinen Reiz, durchs Fahrverhalten Strom zu sparen. Durch Bremsrückgewinnung kann man bis zu 20 Kilometer Strecke machen."
Das geht tatsächlich. Die Instrumente im Cockpit zeigen den Verbrauch ständig an. Wer nur kürzere Strecken fährt, der kann das Auto bequem über Nacht per hauseigener Steckdose aufladen und braucht keine spezielle 22-KW-Schnellladestation, an der das E-Mobil in knapp einer Stunde volltanken kann. Ein Zeichen für Ölwechsel wird nie aufleuchten und auch das Warnsignal "Wartung" bekommt der Fahrer kaum zu Gesicht. Eng-bring: "Elektronik ist zuverlässiger als Mechanik." Wer seine Fahrten gut plane, könne im Alltag viel Freude mit Stromflitzern haben.
27 Elektroautos sind derzeit im Landkreis Kitzingen zugelassen - bei 54 249 Fahrzeugen insgesamt. Vor zehn Jahren war ein Elektrofahrzeug gemeldet (bei 53 210 Zulassungen).
Staffelfahrt
Am Samstag, 27. April, startet um 9 Uhr die "1. Staffelfahrt Elektromobilität: Mainfranken unter Strom" in Kitzingen (bei Belectric Drive am Steigweg). Über Würzburg, Schweinfurt und Bad Kissingen geht's nach Bad Neustadt (Modellstadt E-Mobilität) zur großen Fahrzeugschau.
Infos www.m-e-nes.de red