Druckartikel: Sternchen muss raus aus dem Rampenlicht

Sternchen muss raus aus dem Rampenlicht


Autor: Franz Barthel

Würzburg, Donnerstag, 20. Juni 2013

Ein männliches TV-Sternchen sieht so schnell keine Kamera mehr: Das Würzburger Gericht hat den 22-jährigen "Shooting-Star" zu 14 Monaten ohne Bewährung verurteilt.


Keine einzige Fernsehkamera war dabei, als Tom A. (22/Name geändert), nach eigenen Angaben der "Shooting-Star" im Doku-Soap-Geschäft zahlreicher Privatsender, live und nicht geschminkt, vom Amtsgericht Würzburg als Betrüger mit sechs Vorstrafen erneut verurteilt wurde - diesmal zu 14 Monaten ohne Bewährung.
20 Tage fuhr er einen Mietwagen und zahlte danach nicht, und ein Gastwirt im Landkreis Würzburg, bei dem der "Mann vom Fernsehen" seine Geburtstagsfeier in Auftrag gegeben hatte, blieb auf der Rechnung von über 1000 Euro sitzen.
Gelegentlich hat der 22-Jährige auch schon mal Monaco als seinen Wohnsitz angegeben, weil das in der Branche mehr hergibt als der Würzburger Stadtteil Heuchelhof.

Er nennt sich einen "extrovertierten Würzburger, der bei seiner Arbeit immer auch sehr private Einblicke zulässt."

Vielfach im TV

Richter und Angeklagter kennen sich schon, eine Vernehmung zur Person war daher fast nicht nötig. Alles, was man wissen muss, steht auf zahlreichen Internet-Seiten des Angeklagten mit - Stand März 2013 - über zehntausend Klicks auf seiner Facebook-Seite: Moderator ist der Angeklagte, beziehungsweise war er, weil er derzeit "sitzt" und zwar voraussichtlich für längere Zeit, denn es laufen weitere Ermittlungen.
Ob Entertainer, Plus-Size-Model oder Diskjockey, alle diese Aufgaben meistere er mit Leichtigkeit, steht auf reichlich bebilderten Internet- Seiten des Angeklagten. Er lasse sich, so der Star in eigener Sache, in keine Schublade stecken, frühzeitig habe er seine Faszination für das Entertainment entdeckt. Sein Gesicht kenne man von RTL, RTL zwei und Vox, es sei daher inzwischen schon für Werbekampagnen aller Art geeignet.
Aufgelistet ist im Internet, welche TV-Serien bei den Privaten den Mann "zum bekannten TV-Gesicht" gemacht haben, bei "Auf und davon" zum Beispiel, dem "Frauentausch" oder "Mieten, Kaufen, Wohnen" . Da konnte man ihn zuletzt auf dem Bildschirm sehen, als er sich in Nürnberg für ein Penthouse interessierte, mit einem Kaufpreis im sechsstelligen Bereich, obwohl er privat bereits aus dem letzten Loch pfiff.

Gefragtestes Männer-Model?

Über sich sagt der selbstbewusste junge Mann: Er lasse keine Gelegenheit aus, seine vielseitigen Talente und Interessen auszuleben, so auch in einer T-Shirt- und einer Dirndl-Kollektion, wo allerdings der Absatz stagniert, weil vorübergehend die "Promotion" durch den Fachmann fehlt. 2012 sei er in Deutschland das gefragteste männliche "Plus Size Model" gewesen - also jemand, der nicht der Model-Norm entspricht, sondern eher mollig oder vollschlank ist. Auch eine Schmuckserie trage seine Handschrift, die des kommenden Jung-Designers "mit einem Gespür für Extravaganz und Luxus."

DJ und Jurymitglied

Ob Anfragen und Terminvorschläge an seine email-Adresse oder ein Würzburger Postfach "schnellstmöglich beantwortet werden", wie im Internet zugesichert, ist fraglich. In Diskotheken, auch eines der zahlreichen beruflichen "Standbeine" des Angeklagten, wird man vorübergehend auf den gefragten DJ verzichten müssen und die Veranstalter sogenannter Hochzeitsmessen, angeblich ein weiterer beruflicher Schwerpunkt des Shooting-Stars, müssen sich nach neuen "Ansagern" umsehen.
Vermissen wird man den Angeklagten auch für einige Zeit als Jurymitglied bei Model-Castings, Miss- und Mister-Wahlen und der Talentsuche in alle Richtungen.
Keine Kameras im Saal, keine kreischenden Fans, nur zwei Medienvertreter, die sich handschriftlich Notizen machen und auch der Verteidiger war eher "bodenständig" als "Schicki-micki-verdächtig", also keine Plattform für den TV-Mann "mit dem Gesicht für Werbekampagnen". Er sagt nahezu nichts, nur dass die Anklage stimmt.
Der Vorsitzende Richter Thomas Behl will von dem Angeklagten hören, dass der aus "irgendeinem Grund" mehr scheinen als sein will, Luxus braucht, auch wenn er den nicht bezahlen kann.

Schmuck gestohlen und verkauft

Der Mann in Schwarz entlockt dem Freund modischer Kleidung aber keine Begründung für sein Verhalten. Auch nicht, als er fragt, wie denn das Leben für den "Shooting-Star" weiter gehen soll. Es sei zu befürchten, so Thomas Behl, dass sich die Rückfallgeschwindigkeit beim Betrügen erhöht und dass dann die Zeiten in Freiheit immer kürzer werden.

Ohne Geld Suite gemietet

Derzeit verbüßt der junge Mann vier Monate, weil er sich ohne Geld unter anderem im Hotel "Deutscher Kaiser" in Nürnberg die Junior-Suite für einige Tage gemietet hatte, dann folgen neun Monate, weil er einer Freundin in Würzburg, die einen Schönheitssalon betreibt, Schmuck im Wert von 10 000 Euro, darunter Brillantohrringe, gestohlen und den für 1 000 Euro bei Schmuckhändlern zu Geld gemacht hat. Und, sagte der Richter in der Verhandlung, er habe schon wieder eine neue Anklage auf dem Tisch, fünf Mal Betrug, getankt und davon gefahren, Schmuck bestellt und nicht bezahlt und ähnliche Fälle.

Man sieht sich wohl wieder

Wenn Angeklagte nach der Urteilsverkündung den Saal verlassen, sagen sie manchmal höflich "Auf Wiedersehen" zum Richter und der sagt dann meist "besser nicht für Sie". In diesem Fall war der Richter ganz sicher, dass man sich wiedersieht, dann in einem größeren Kreis, beim Schöffengericht, mit zwei zusätzlichen Richtern.