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Klaus Hoffmann setzt sich an die Spitze


Autor: Gerd Ludwig

Kitzingen, Freitag, 26. Juli 2013

In die zweite Hälfte der Bergrennserie startet Klaus Hoffmann heute in Glasbach. Einem Rennen, vor dem er größten Respekt hat. Der amtierende Deutsche Meister führt zur Halbzeit das Klassement erneut an. Sein Fazit ist positiv, aber er weiß, dass er noch lange nicht durch ist.
Klaus Hoffmann und sein Opel Astra V8 DTM beim Homburger Bergrennen. Der Deutsche Bergrennmeister zeigt sich optimistisch. Foto: Heiko Klapper


Klaus Hoffmann fährt wieder auf der Siegesstraße. Nach fünf Rennen liegt der Deutsche Bergrennmeister 2012 mit einigem Vorsprung auf Rang eins. Im Gespräch mit Der Kitzinger zieht er eine Halbzeitbilanz und wagt einen Ausblick auf die weiteren Rennen.

Halbzeit in der Serie. Ihr Fazit?
Klaus Hoffmann: Es ist eine extrem spannende Saison. Letztes Jahr lag ich zu dieser Zeit auf Rang vier. Wir machten uns da keinen Kopf, ob wir um den Titel fahren oder nicht. 2012 standen wir erst ab dem Rhönrennen auf Platz eins. Jetzt sind wir schon Erster und werden überall als Favorit angekündigt. Wir sind bisher zufrieden.

Was macht Sie 2013 so erfolgreich?
Am Iberg und beim Homburgrennen lag ich zumindest beim Training hinten und drehte den Spieß noch um.

Ich orientiere mich immer an den Bestzeiten der Topfahrer und möchte zeigen, dass ich auch dahin gehöre.

Sie führen das Bergrennklassement mit 154 Punkten vor dem Österreicher Herbert Stolz (136,5) an.
Wir sind uns keinesfalls sicher, dass dies so durchläuft. Wie schnell ein Ausfall und Unfall passieren können, wissen sowohl Herbert Stolz als auch ich und das Team. Stolz war noch nie so schnell wie heuer. Ich musste das Auto und mich verbessern, um schneller zu fahren.

Schnelligkeit - höheres Risiko?
Wir gehen beide an unsere Grenzen. Ich und mein Auto müssen das Maximale herausholen, um die anderen in Schach zu halten. Am Iberg sagte mir Herbert Stolz, dass wir im letzten Lauf das Risiko eingegangen sind, entweder anzukommen oder im Berg zu stecken. Ich musste ihm recht geben. Es gibt heuer keine anderen, die so schnell fahren wie wir, weil wir auch ein gewisses Niveau haben - das soll aber nicht arrogant klingen.

Wie halten Sie die Risikobereitschaft im Griff?
Wenn der Chefmechaniker sagt, das Auto ist okay, dann vertraue ich ihm. Wenn ich unsicher wäre, würde ich mich selbst am Start abschnallen und den Wagen kontrollieren - auch wenn tausend Leute den Kopf schütteln. Ich würde keinen Meter fahren. Diese Stärke habe ich jetzt im Gegensatz zu früher. Wenn ich hochfahre, brennt im Hinterkopf eine rote Lampe: Schieß nicht übers Ziel hinaus, fahre nicht zu aggressiv. Probiere nicht Dinge, von denen du im Vorfeld weißt, dass sie in die Hose gehen können. Ich mache nichts Provokantes, gehe aber immer mit dem nötigen Druck und Konzentration ran. Ich verlasse mich darauf, was ich kann. Ich weiß, wie weit ich gehen kann, wo ich sicher bin. Und was passiert, wenn ich über das Ziel hinausschieße.
Wichtig ist das Herantasten über Jahre hinweg, Stück für Stück wieder etwas Neues probieren. Keinen Schritt zu groß machen. Nicht mit der Brechstange eine Zeit erzielen oder sich beweisen wollen. So muss man am Berg vorgehen.
Gerade beim letzten Lauf, dem Bergrennen in Homburg war das Risiko extrem hoch.
Mit dieser Strecke werde ich nie warm. Die ist gefährlich. Die gibt mir ein Gänsehaut-Feeling, weil sie die einzige ist, auf der man bergab startet und so die Beschleunigung immens ist. Sie hat alle Extreme: bergab beschleunigen, bremsen, zwei Brücken, Senken, Spitzkehren und schnelle Passagen - fahrerisch fordert die Strecke alles. Es gibt keine Stelle, an der du einen Fehler gutmachen kannst.

Sie hatten Probleme.
Zwei Schreckmomente: Im Training ist das Auto mit rund 140 km/h ausgebrochen. Da kam mir ein Reflex zugute, den ich in den zwei, drei Regenrennen zuvor öfter benötigt hatte. Die Leute haben aufgeschrien - eine haarscharfe Angelegenheit. Am Sonntag versuchte ich einen Bremspunkt sehr spät zu setzen und habe das Auto mit Ach und Krach stabilisieren können. Da war keine Luft mehr zu Leitplanke und Graben. 15 Meter entfernt saß ein Filmteam. Auf der Rückfahrt war der Kameramann immer noch käseweiß.

Dennoch haben Sie alle drei Läufe gewonnen und sind neben dem Klassensieg als bester Tourenwagen ausgezeichnet worden.
Hier muss man fehlerfrei und exakt eine saubere Linie fahren, um eine Spitzenzeit zu erzielen.

War das bei Ihnen der Fall?
In Homburg bin ich die ersten beiden Läufe mit der nötigen Motivation und Konzentration angegangen, die 1:14 Minuten zu fahren. Beide waren aber nicht fehlerfrei, ich habe mich beide Male verbremst. Der Asphalt hatte nicht die Bedingungen, die ich mir vorgestellt hatte. Aber es hat gereicht, weil die anderen auch nicht so gut waren. Mein größter Konkurrent Stolz hat sich verschaltet.

Und dann kam der dritte Lauf.
Ich wusste, dass ich über eine Sekunde schneller fahren musste. Aber Ziel und Einstellung waren sowieso, sauber hochzufahren. Im Ziel war mir zwar klar, dass ich die Klasse gewonnen hatte, aber dass ich den Tourenwagen-Gesamtsieg in der Tasche hatte, wusste ich nicht. Ich bin froh, dass ich einen solchen Lauf zeigen konnte. Von einem Deutschen Meister wird auch mal was Außergewöhnliches erwartet.

Eine Sekunde besser als der zweite Lauf, das ist schon eine Duftmarke.
Das Team und ich haben das Fahrzeug verändert. Wir wussten bis zum vorherigen Ibergrennen nicht, was das alles gebracht hat. Wir haben an der Bremse, der Aerodynamik und dem Gewicht gearbeitet. Weniger Gewicht, bedeutet mehr Beschleunigung. Aerodynamik heißt, in den Kurven schneller fahren. Die Bremse ist für mich ein wichtiger Aspekt, damit ich die Bremspunkte besser setzen kann. In der Summe, über zwei Kilometer, macht es doch dann eine Sekunde aus - am Berg ist das eine Hausnummer.

Was hat Sie noch in Homburg zusätzlich motiviert?
Hier starteten Tourenwagen-Spitzenfahrer. Mich hat es gereizt, denen zu zeigen, dass wir Bergfahrer nicht zu unterschätzen sind. Dem BMW-Werksfahrer Jörg Weidinger und Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard zu demonstrieren, so leicht könnt ihr uns nicht knacken.

Was planen Sie für das Glasbach-Rennen heute und morgen?
Ich gehe strategisch vor. Es gibt nur zwei Wertungsläufe auf den 5,5 Kilometern - mit Abstand der längsten Strecke in dieser Saison. Zwei Läufe sind nicht so schlecht für mich, weil Herbert Stolz oft einen guten hinbringt und im anderen dann meist einen Fehler macht. Ich muss da einen guten Lauf fahren, wenn der Herbert seinen schlechten hat. Stolz hat mich letztes Jahr da geschlagen: Ich war Dritter, er Zweiter. Die Strecke liegt seinem Porsche.

In Glasbach wird es sehr heiß sein?
Mit der Hitze haben wir keine Erfahrungswerte. Wir werden die Reifen mit Stickstoff füllen, damit dieser den Reifen noch kühlt. Wir werden an der Übersetzung arbeiten müssen, da hier sehr schnell gefahren wird, mit Abschnitten weit über
240 km/h. Für mich ist es die Eiskanalstrecke, links und rechts Leitplanken montiert, bis zur Fensterhöhe sehe ich nur Blech. Die Devise ist, ruhig zu bleiben.

Und dann geht es schon eine Woche später nach Osnabrück.
Der zeitliche Abstand ist gar nicht schlecht. Kein Problem hinsichtlich der Anstrengung und des Umbauens des Autos. Was ich mir nicht erlauben darf, ist, dass ich den Wagen in Glasbach beschädige - das ist mir bereits zwei Mal passiert. Ich darf dort keinesfalls einen Ausfall riskieren. Wenn ich dann noch in Osnabrück nicht starten kann, dann ist das Polster und Platz eins weg. Aber ich werde nicht anders fahren als bisher - nicht auf Sicherheit: Sekt oder Selters.
Wenn Sie in Glasbach und Osnabrück auf dem Stockerl landen, wie schätzen Sie dann Ihre Chancen auf den Titel ein?
Dann wird die Anspannung ein bisschen von mir weichen. Ich weiß, wie stark ich in Eichenbühl (7./8. September) und in der Rhön (17./18. August) sein kann. Wenn ich diese beiden Rennen auf den Punkt bringen kann und keinen technischen Ausfall oder sonst etwas habe, dann holt mich ohne weiteres kaum einer mehr ein. Ich habe dort bewiesen, dass ich einen achtfachen Deutschen Meister schlagen kann. Norbert Brenner ist in Eichenbühl, seinem Heimrennen, eine Hausnummer. Seit zehn Jahren hat er dort gewonnen. Als ich ihn 2012 zumindest in einem Lauf geschlagen hatte, wusste ich, wie gut ich bin. In der Rhön und in Eichenbühl weiß ich zwar, was ich kann. Aber angekommen ist man deswegen noch lange nicht.

Ihr härtester Konkurrent Herbert Stolz?
Er kann sicher - auch in Eichenbühl - noch zulegen. Man muss immer mit ihm rechnen. Wenn er es fahrerisch auf dem Punkt bringt, müssen wir es auch akzeptieren, dass er mal vor uns steht. In Glasbach wird es so kommen. Wenn er einen Fehler macht, muss ich da sein. Beim Auftakt in Schotten ist mir das gelungen. Ich weiß nicht, wann der Herbert das Kämpfen aufgibt. Er bereitet sich lange mental vor. Er kauft sich jeden Renntag neue Reifen. Ich bewundere seine Motivation.

Wann würden Sie sagen, dass Sie durch sind?
Ein Schlüsselrennen wird Eichenbühl werden - unser Heimrennen - das vorletzte. Wenn ich da drei oder vier Mal Erster werde, dann habe ich einen so großen Vorsprung, dass ich mit einem Lächeln zum Abschluss nach Mickhausen fahren kann.
Die Fragen stellte Sportredakteur Gerd Ludwig.