Segnitz: Archäologen stoßen auf historischen Friedhof- Ausgrabung bringt 38 Gräber zum Vorschein
Autor: Ralf Welz
Segnitz, Montag, 21. November 2022
Bei einer Ausgrabung in Segnitz wurden 38 Gräber aus dem 6. und 7. Jahrhundert entdeckt. Die Archäologen stießen neben den Skeletten teils auch auf kostbare Grabbeigaben.
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- Archäologen stoßen auf historischem Friedhof auf 38 bislang unentdeckte Gräber
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- "Das war das Spannende": Wissenschaftler berichtet von ungewöhnlichem Fund
Im unterfränkischen Segnitz sind im Zuge von Ausgrabungen zahlreiche Gräber aus dem 6. und 7. Jahrhundert entdeckt worden. Durch die Untersuchung der Grabungsfläche konnte letztlich die vollständige Ausdehnung des Friedhofs aus der Merowingerzeit erfasst werden. "Es handelt sich stellenweise um wirklich herausragend große Gräber mit vermeintlich wertvollen Grabbeigaben", sagt Archäologe Hans-Ulrich Glaser. Im Gespräch mit inFranken.de erklärt der Experte, warum das Areal für die Wissenschaft von großer Bedeutung ist.
Ausgrabung in Segnitz: Archäologen entdecken auf Merowinger-Friedhof 38 unbekannte Gräber
Die ersten archäologischen Funde in Segnitz stellten sich bereits 2005 infolge der Erschließung eines Neubaugebiets ein. Zwischen Mai und Dezember vergangenen Jahres fand vor Ort schließlich eine weitere Ausgrabung statt. Hierbei wurden im einstigen Reihengräberfeld 38 weitere Gräber entdeckt. Diese befanden sich in unterschiedlicher Tiefe unter der Erde. Manche von ihnen wiesen eine Größe von rund drei mal vier Metern auf.
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Auffallend: Bei nahe zu allen Gräbern war eine antike Beraubung festzustellen. "Bei den merowingischen Friedhöfen ist das die Regel", erläutert Hans-Ulrich Glaser vom Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen Heyse in Schwarzach am Main. "Die Raubgräber wussten ganz genau, wo die Gräber lagen." Laut Schilderung des Archäologen gruben die antiken Grabräuber seinerzeit "ganz gezielt" in Richtung Körpermitte. Ihr Ziel: Die oft kostbaren Grabbeigaben der Verstorbenen. "Sie hatten es beispielsweise auf Broschen oder schöne Gürtelschnallen abgesehen, oder was sonst zu holen war."
Das Entwenden der Wertgegenstände hat vermutlich kurz nach der jeweiligen Beerdigung stattgefunden. "Das ist eine wertvolle Erkenntnis für uns. Die Beraubung muss sich zeitnah ereignet haben", zeigt sich der Archäologe überzeugt." Denn später wären die Gräber obertägig nicht mehr gut zu erkennen gewesen. Die Toten wurden laut Glasers Einschätzung mithilfe von ins Erdreich getriebenen Raubschächten "systematisch beraubt". "Es handelte sich oft um herausragende Persönlichkeiten, die da bestattet wurden. Teilweise wurden ihnen Schwerter, Lanzen oder Schilde mitgegeben." Dem Experten zufolge alles Anzeichen dafür, dass vor Ort sehr hohe Individuen begraben wurden.
Von Grabräubern verschont geblieben: Archäologe berichtet von beeindruckendem Fund in Frauengrab
Nicht alles konnten sich die antiken Räuber gleichwohl zu eigen machen. Der Fachmann berichtet in diesem Zusammenhang von einem besonders ungewöhnlichen Fund. "Ein interessantes Grab war ein Frauengrab. Da hatte die Frau an jeder Hand noch einen Ring. Das war das Spannende", hält Glaser fest. Neben vielen Kleidungsresten fand das Archäologenteam auch zahlreiche Gefäße. Vereinzelt blieben der Nachwelt sogar Strukturen von Holzeinbauten erhalten. In zwei Fällen konnten im Zuge der Untersuchung auch Pferdebestattungen ausgemacht werden - für die damalige Zeit äußert selten. In einem der beiden Gräber waren zusätzlich zwei Hunde beerdigt.
Doch was macht die Ausgrabung für Wissenschaft und Nachwelt so bedeutend? "Durch sie sind unter anderem kultursoziologische Rückschlüsse möglich, etwa auch in Hinblick auf Siedlungen", unterstreicht Glaser den Wert für die Forschung. "Wir wissen, dass der Friedhof im 8. Jahrhundert belegt war." Eine entsprechende Bestattung in Nähe der Kirche St. Martin deutet dem Fachmann zufolge auf eine Siedlungskontinuität hin - vom Ende der Nutzung der merowingerzeitlichen Begräbnisstätte bis in die frühchristliche Periode.