Schwarzacher Schüler zu Gast in Kalifornien
Autor: Julia Volkamer
Münsterschwarzach am Main, Donnerstag, 02. Mai 2013
Jonas und Paul hatten genug vom eisigen Frühlingswetter in Deutschland - und flüchteten in die Vereinigten Staaten von Amerika... Ganz so war es natürlich nicht. Ihre Schule, das Egbert-Gymnasium in Münsterschwarzach, hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt.
Die Begeisterung ist bei den beiden noch spürbar. Wenn sie die Fotos auf dem PC durchklicken, leuchten die Augen und ein Lächeln huscht über ihre Gesichter. Sechs Wochen haben Paul und Jonas im kalifornischen Portola Valley verbracht, gingen zur Highschool, wohnten in einem internationalen Internat, erlebten den "American way of life" - und wollen schon bald noch einmal dorthin zurückkehren.
Schnuppern an der Highschool
"Viel zu kurz" sei der Aufenthalt im Februar und März gewesen, den das Internationale benediktinische Netzwerk (ICBE) ermöglicht hat. So konnten die beiden 16-jährigen Schüler des Egbert-Gymnasiums in Münsterschwarzach anderthalb Monate in das Schulleben an der Woodside Priory hineinschnuppern. Sie waren schnell integriert, pflegten sofort einen guten Kontakt zu den amerikanischen Schülern.
Überhaupt gab es eigentlich nichts, was den beiden Oberscheinfeldern nicht gefallen hätte. Das Lernen fiel ihnen relativ leicht, das Schulsystem und die Lehrinhalte empfanden sie als weniger anspruchsvoll als in Deutschland. "Vieles wird ganz anders erklärt", sagt Jonas und spielt damit auf den Geometrie-Unterricht an. "Wir haben dann zu Algebra gewechselt, weil wir mit Geo überhaupt nicht zurecht gekommen sind."
Besonders wertvoll waren für sie die Geschichtsstunden, in denen es um den Zweiten Weltkrieg und Nazi-Deutschland ging. "Unsere Mitschüler und wir selbst fanden es total spannend, auch einmal die andere Sichtweise zu hören", sagt Paul. "Die Amerikaner gehen eigentlich ziemlich locker mit dem Thema um", zeigte sich Jonas erstaunt - aber auch ein wenig erleichtert. Grundsätzlich sage ihnen das deutsche Bildungssystem eher zu, weil die Ausbildung breiter angelegt ist. In den Vereinigten Staaten gibt es viel weniger (Wahl-)Fächer und weniger Stunden. Den Nachmittag verbringen die Schüler mit verschiedenen Clubs, zum Beispiel für Theater, Computer oder Management - oder natürlich mit Sport.
Leichtathletik statt Schwimmen
Jonas und Paul entschieden sich für "track and field" - also die Leichtathletik-Gruppe. Allerdings erst, nachdem sie bei den Schwimmern fast kläglich gescheitert waren. "Die trainieren wirklich unglaublich hart", sagt Jonas und gibt zu, dass er dabei an seine Grenzen stieß. Beim track and field erlebten sie die wunderbare Landschaft Kaliforniens hautnah, schlossen schnell Freundschaften. Als Zuschauer erlebten sie auch klassische, amerikanische Sportarten wie Baseball, American Football oder Dodgeball. Letzteres - das unserem Brennball ähnelt - probierten sie zusammen mit einigen Mitbewohnern des Internats als "The Europeans" auch selbst aus.
Nacharbeiten nach den Ferien
Im Nachhinein würden sich Paul und Jonas auf jeden Fall sofort wieder bewerben - auch wenn nach den Osterferien jede Menge Nacharbeit am EGM auf sie wartete. "Man kriegt das schon hin", sagt Jonas. "Das war es auf jeden Fall wert." Matthias Hessenauer, der verantwortliche Lehrer für sämtliche Austauschprogramme, hatte die Zehntklässler auf die Möglichkeit hingewiesen. Auf englisch bewarben sich Paul, Jonas und viele andere Schüler um einen einzigen Platz - der schließlich auf zwei aufgestockt wurde. Sie konnten ihr Glück nicht fassen - und freuen sich schon auf ein Wiedersehen in Portola Valley.
Das internationale Netzwerk und seine Ziele
Entstehung Das weltweite Netzwerk benediktinischer und zisterziensischer Schulen ist seit 1999 in der International Conference on Benedictine Education (ICBE) organisiert. Ihr gehören etwa 200 Schulen auf allen fünf Kontinenten mit 200.000 Schülern an; in Deutschland sind es 23 Schulen, darunter auch des Egbert-Gymnasium. Die ICBE entstand als Zusammenschluss deutschsprachiger bzw. europäischer und US-amerikanischer Schulleiterkonferenzen mit der Erweiterung um die bis dato meist nur namentlich bekannten benediktinischen Schulen in Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika und Australien. Im Oktober 1999 in Worth Abbey bei London und dann wieder im November 2002 in der Abtei São Geraldo in São Paulo und im November 2005 in St. Mary's Abbey at Delbarton in New Jersey kamen die Vertreter benediktinischer und zisterziensischer Schulen aus aller Welt zusammen, um zu beraten, was benediktinische Erziehung ausmacht.
Ziele Die ICBE strebt an, dass die Schulen auf allen Ebenen - Schulleitung, Schülerschaft, Lehrerschaft, Elternschaft, Schulträger - den Austausch miteinander pflegen. Ziel ist es, gemeinsam nach dem zu suchen, was die benediktinische humanitas an den Schulen, im alltäglichen und im globalen Miteinander ausmacht. Außerdem soll die Regula Benedicti auf Lebens- und Lehrweisheit im schulischen Alltag wie im außerschulischen Leben untersucht werden.