Schlechte Noten für die Alte Mainbrücke
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Mittwoch, 24. Sept. 2014
Bei der Hauptuntersuchung wird schnell klar: Die Generalsanierung ist notwendig.
"Schaut nicht gut aus." Peter Podlech beleuchtet mit seiner Stirnlampe die poröse Stelle. Der Rost ist nicht zu übersehen. Der Mann vom TÜV-Rheinland klopft ganz leicht mit seinem Hammer auf die Stelle. Kleine Betonbrösel rieseln herunter. Es gibt keinen Zweifel: Die Alte Mainbrücke in Kitzingen ist in keinem guten Zustand.
Peter Podlech hat einen außergewöhnlichen Arbeitsplatz. Der Sachverständige prüft Brückenbauwerke. In ganz Deutschland ist er unterwegs. Und in diesen Tagen ist er in Kitzingen. Alle sechs Jahre muss ein Brückenbauwerk richtig untersucht werden. Richtig heißt Hand nah. Mit anderen Worten: Der Prüfer muss an jedes Bauteil mit der Hand und/oder seinem kleinen Hammer rankommen. Über und unterhalb der Fahrbahn. Deshalb ist Podlech auch in den so genannten Unterausleger gestiegen. Etwa zehn Meter über der Fahrrinne des Mains steht er auf dem Eisengitter und inspiziert die Schäden.
Gut 700 Jahre hat die Alte Mainbrücke auf dem Buckel. Zumindest Teile von ihr. Die Stahlkonstruktion im Mittelteil ist nach dem Zweiten Weltkrieg eingezogen worden. Ein Problem gilt für das gesamte Bauwerk: Es fehlt eine funktionstüchtige Abdichtung. "Die ist beim Bau nicht angebracht worden", bedauert Tobias Haupt vom städtischen Bauamt. Die Folge: Wasser sickert ein und teilweise durch das gesamte Bauwerk. "Das Mauerwerk ist durchfeuchtet", erklärt Haupt. Rost bildet sich - und Risse.
Die Risse und der Rost sind unterhalb der Brücke gut zu sehen. "Die Querrisse sind ungefährlich", erklärt Podlech. Die Längsrisse nicht. Sie gefährden die Standsicherheit des Bauwerks. "Der Handlungsbedarf war schon vor sechs Jahren da", erinnert der Prüfer. "Jetzt ist er noch gestiegen."
Alle sechs Jahre ist eine Hauptprüfung Pflicht. Podlech war schon bei der letzten großen Inspektion in Kitzingen vor Ort. Er kennt die Gegebenheiten. Und die Problematik. "Mit der Feuchtigkeit dringen auch Chloride ein und der Stahl fängt zu rosten an", erklärt er. Tatsächlich: Überall an den Stahlträgern sind große Roststellen zu sehen. Auch im Beton machen sich die braunen Flecken breit. Eine Generalsanierung des Bauwerks ist unumgänglich. Das erkennt selbst das Laien Auge.
Dem Bauamt und dem Stadtrat ist das längst bekannt. Die Generalsanierung ist eingeplant. Rund drei Millionen Euro wird sie nach derzeitiger Schätzung kosten. Eine grobe Kostenschätzung. Um die Detailplanungen voranzutreiben ist der exakte Schadensbericht von Peter Podlech notwendig. Der wird voraussichtlich im November fertig sein. Dann wird das Bauamt die Gespräche mit allen beteiligten Behörden und Ämtern aufnehmen. "Die Alte Mainbrücke ist denkmalgeschützt", erinnert Haupt.
Neben dem Amt für Denkmalschutz wird natürlich auch die Regierung von Unterfranken bezüglich möglicher Fördermittel angefragt. Und der Stadtrat muss auch seinen Segen geben. Wann die Sanierungsmaßnahmen tatsächlich beginnen? Tobias Haupt schüttelt den Kopf. "Das kann man jetzt wirklich noch nicht sagen."
Eines scheint aber jetzt schon klar: Die Alte Mainbrücke wird ihr Gesicht verändern. Die Generalsanierung bietet nicht nur die Chance, das Nötige zu tun - eine Abdichtung mit Spezialfolie oder Bitumenschweißbahnen, um die Feuchtigkeit draußen zu halten -, sondern bietet auch die Gelegenheit, Fahrbahn und Geländer zu erneuern. "Früher war die Fahrbahn nicht so breit und es gab eine Steinbrüstung an Stelle des grünen Geländers", erinnert Haupt. Nachdem die Brücke seit Jahren für Fahrzeuge gesperrt ist, könnte die Fahrbahn problemlos verengt werden. Und eine Unterteilung in Fahrbahn und Gehsteige scheint auch nicht mehr notwendig. Natürlich werden im Lauf der Arbeiten auch brüchige Fugen und kaputte Steine ausgebessert.
Bis dahin wird aber noch viel Wasser den Main hinunterfließen. Und viele Fußgänger und Radfahrer werden die Alte Mainbrücke überqueren. Denn trotz aller Schäden: Ganz dramatisch ist es noch nicht. Bei der Brückenprüfung werden als Fazit Noten von 1 bis 4 vergeben. Bei einer 4 müsste das Bauwerk sofort gesperrt werden. Peter Podlech winkt ab. Eine 4 hat die Alte Mainbrücke in Kitzingen noch nicht verdient. Aber von einer guten Note ist sie auch schon weit entfernt.