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Sascha unterrichtet an seiner alten Schule


Autor: Julia Volkamer

Kitzingen, Mittwoch, 21. November 2012

Sascha Hammer absolviert sein Jahr im Bundesfreiwilligendienst in Kitzingen am Armin-Knab-Gymnasium. Dort ging er selbst schon zur Schule - und hat für seine Nachfolger viele Tipps.
Johanna und Lara haben es sich bei den Matheaufgaben etwas zu einfach gemacht. Sascha Hammer erklärt, wie es richtig geht. Fotos: Julia Riegler


Es darf schon mal gelacht werden. Und gespielt. Sascha ist schließlich aus dem Alter, in dem seine Schützlinge sind, noch gar nicht so lange raus. Ein paar Schuljahre und natürlich das Abitur, das hat er den Fünft- bis Neuntklässlern voraus. Und erste Erfahrungen beim Erklettern der Karriereleiter. Nach der Abschlussprüfung im letzten Jahr hatte er sich für für Betriebswirtschaft an der Uni Würzburg eingeschrieben. "Das hat aber ganz und gar nicht meinen Vorstellungen entsprochen", sagt der Rödelseer. Eher zufällig stieß er auf das Angebot, an "seinem" Armin-Knab-Gymnasium ein Jahr im Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren.

Und da sitzt er nun, zwischen 13 Fünft- bis Neuntklässlern, die ihre Hausaufgaben erledigen sollen. Es ist dreiviertel Drei, und die Konzentration lässt so langsam nach. Gerade die Jüngeren brauchen jetzt ein bisschen Ablenkung, unterhalten sich und werden immer lauter - alles kein Problem für Sascha. Er schickt sie einfach zum Sport- und Spielprogramm, das andere Mittagsbetreuer im nahegelegenen "Telekom-Gebäude" und in der Schulturnhalle anbieten. "Wenn man merkt, dass die Schüler unruhig werden, wenn sie mit den Hausaufgaben fertig sind, können sie sich bei den anderen Angeboten austoben."

Schließlich sitzen auch noch einige, vereinzelte Siebtklässler im Zimmer. Moritz, Eva, Lara und Johanna kämpfen gerade mit Geometrie - Dreiecksberechnung. Lara hat die Lösung - aber keinen Rechenweg. "So bekommst Du keine Punkte", weiß Sascha. "Du hast das Ergebnis abgeschrieben, woher soll der Lehrer wissen, dass Du es verstanden hast?" Die 13-Jährige zuckt mit den Schultern. "Jetzt überlegt doch mal: Alpha plus Beta plus Gamma gibt immer 180 Grad", sagt Sascha dann, geht an die Tafel und beginnt zu schreiben. "Klar", meint Lara. "Ich probiers."


14 Betreuer für 260 Kinder

So oder ähnlich läuft die Hausaufgabenbetreuung um Armin-Knab-Gymnasium. Zusammen mit 13 weiteren Betreuern kümmert sich Sascha jeden Tag um bis zu 260 Kinder, die das Angebot der offene Ganztagesschule am Armin-Knab-Gymnasium nutzen. Hier bekommen die Schüler nach dem regulären Unterricht ein warmes Essen, werden bei den Hausaufgaben betreut und können aus einem Sport- und Spieleprogramm wählen.


Jahrgangsübergreifender Kurs

Um das zu gewährleisten, braucht es motivierte Mitarbeiter. Sascha ist seit 1. September wieder am AKG, hat bis zum Schulanfang einen Vorbereitungskurs absolviert und versucht jetzt, die Gymnasiasten so gut es geht bei den Hausaufgaben zu unterstützen. "Man darf sich das nicht wie eine Nachhilfestunde vorstellen", erklärt er. "Ich versuche schon, die individuellen Fragen und Probleme zu beachten, aber das geht bei der Menge an Kindern nur bis zu einem gewissen Grad."

Je mehr Zeit sie zusammen verbringen, desto mehr wird das Hausaufgabenmachen aber auch zum Selbstläufer - schließlich verbringen die Schüler diese Zeit jahrgangsübergreifend. "Sie helfen sich gegenseitig, können viel voneinander lernen." Gleiches erfährt Sascha bei der Zusammenarbeit mit den Kollegen - die bis vor zwei Jahren zum Großteil immerhin noch seine Lehrer waren. "Der Kontakt ist sehr freundschaftlich, und man kann als Abiturient auch mal etwas an die Schule zurückgeben."

Didaktisch verfährt er dabei in vielen Fällen anders als er es als Schüler erfahren hat. "Oft hilft es, eine Aufgabe mal mit einer anderen Herangehensweise zu lösen. Jedes Kind ist eben anders und versteht anders besser." Im Umgang mit den Schülern versucht er ihnen klarzumachen, dass er auf ihrer Seite steht - und dabei trotzdem eine gewisse Autorität ausstrahlt. "Es ist kein klassisches Schüler-Lehrer-Verhältnis", sagt er. "Auch wenn wir die gleichen Möglichkeiten haben, wenn es um Störenfriede oder Schwänzer geht."


Von Mitteilung bis Verweis

Wenn jemand häufiger fehlt, wird das Gespräch gesucht. "Mit den meisten kann man schon reden." Diejenigen, die quasi in die Offene Ganztagesschule gezwungen werden, entpuppen sich da meist als schwerere Fälle. Dann gibt es auch schon mal eine Mitteilung ins Hausaufgabenheft, man vereinbart ein Elterngespräch oder erteilt sogar einen Verweis.

"Das ist mir bisher noch nicht passiert", ist Sascha erleichtert. Er kommt mit "seinen" Kids gut klar - und sie mit ihm. In der Praxis sieht das so aus, dass die Schüler ohne Scheu auf ihn zugehen, ihm Fragen stellen und auch akzeptieren, wenn er sie ermahnt - oder mal schimpft, wenn eine Aufgabe noch nicht erledigt ist. "Bei uns gibt es ein Smile-System", erklärt Sascha. Das Grinsgesicht gibt es erst, wenn alle Hefte zum Abhaken vorgelegt wurden.


Ein ganz normaler Arbeitstag

Wer früher fertig ist, kann sich dann auch schon mal austoben gehen. Die Aufsichtspflicht dauert bis 16.30 Uhr, danach sind die Kinder entlassen. Saschas Arbeitstag hat acht Stunden, morgens um 8 Uhr muss er da sein. Bis der Nachmittagsunterricht beginnt, erledigt er verschiedene Aufgaben fürs Sekretariat oder für die Lehrer, bereitet sich selbst für die Mittagsbetreuung vor.

Nach seinem Jahr im Bundesfreiwilligendienst beginnt er eine Ausbildung zum Industriekaufmann - obwohl er sich das Lehramt auch ganz gut hätte vorstellen können. "Man lernt insgesamt viel dazu, den Umgang mit Kindern und Erwachsenen, das Sprechen vor vielen Menschen, soziale Kompetenz. Das hat mich auf jeden Fall weitergebracht" - und seine Unterstützung bringt Lara und die anderen Schüler Tag für Tag auch ein Stück weiter.