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Rotstift bei Fehrer: 180 Stellen sind bedroht


Autor: Diana Fuchs

Kitzingen, Freitag, 25. Januar 2013

Fehrer macht Ernst mit "Restrukturierungsplänen": Die Kaltschaumanlage soll stillgelegt, der Anlagen- und Werkzeugbau verkleinert werden. Insgesamt geht es um 180 Arbeitsplätze.


Freitagnachmittag, 13.33 Uhr. Keine gute Zeit für die Mitarbeiter der Firma Fehrer. Das Kitzinger Großunternehmen kündigt per Pressemitteilung die Stilllegung der Kaltschaumanlage am Standort Kitzingen zum Ende des Jahres an. Zudem soll der Anlagen- und Werkzeugbau verkleinert werden.

Bei einem Treffen mit Gewerkschaftsvertretern ging es gestern erneut darum, wie das Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit sichern will. Gewerkschaft und Unternehmensführung haben dazu unterschiedliche Ansichten.

Walther Mann von der IG Metall stellte am Nachmittag fest, dass die Pressemitteilung der Firmenleitung nicht das zuvor geführte Gespräch widerspiegle.

Für die Gewerkschaft ist der Erhalt des Formen- und Anlagebaus "entscheidend für Fehrers Zukunft". Betriebsratsvorsitzender Holger Lenz sieht das genauso: "Der Formen- und Anlagenbau war über Jahrzehnte unser Alleinstellungsmerkmal - wir werben noch heute mit dem Slogan: 'Von der Entwicklung bis zum fertigen Formpolster'. Ohne dieses Alleinstellungsmerkmal werden wir austauschbar." Lenz wörtlich: "Wir halten es für einen groben Fehler, den Formen- und Anlagenbau zu beschneiden."

"Strukturen anpassen"

Dass Arbeitsplätze beim Kitzinger Traditionsunternehmen auf dem Spiel stehen, war Anfang Dezember in einer Betriebsversammlung verkündet worden. Der angestrebte Sanierungsplan war nicht zu erfüllen; prognostiziertes Wachstum, das die Situation verbessern sollte, schien nicht in Sicht. Damals verkündete die Geschäftsführung, dass das Werk Leipzig II geschlossen und nach Großlangheim verlagert werden soll. In Kitzingen stehe die Kaltschaumanlage zur Disposition. "Wir müssen das aber noch detailliert betrachten", sagte Dr. Bernd Welzel, Sprecher der Geschäftsführung, beim Pressetermin vor sechs Wochen.

Gestern gab es keinen Pressetermin. Nur eine Mitteilung per E-Mail. Nur 35 Zeilen, es sind nicht viele Sätze. Aber Sätze, die es in sich haben. "Wir haben als Unternehmen in dieser hart umkämpften Branche nur eine Zukunft, wenn wir unsere Strukturen den Erfordernissen des Marktes anpassen", wird die Geschäftsleitung zitiert. Von der nachlassenden Automobilkonjunktur und der zunehmenden Abwanderung ins Ausland ist die Rede - Trends, die eine Firma in Kitzingen nicht beeinflussen kann. "Wir müssen uns ihnen aber stellen, um als Unternehmen weiter wettbewerbsfähig zu sein."

Das Unternehmen will das umfassende Restrukturierungsprogramm "verschärfen". Dazu gehört es, mit den Kunden neu zu verhandeln, um bessere Konditionen zu erreichen. Das Outsourcing bestimmter Leistungen, eine Verschlankung der Verwaltung und "insbesondere die Überprüfung der Kapazitäten an allen Standorten" werden aufgelistet.

"Vor diesem Hintergrund ist am Standort Kitzingen zum Ende 2013 die Stilllegung einer Kaltschaumanlage geplant. Gleichzeitig soll der unternehmenseigene Anlagen- und Werkzeugbau verkleinert werden", heißt es. Die Schließung der Produktion in Leipzig und deren Verlagerung nach Großlangheim werden bestätigt. "Die Planungen", so das Unternehmen gestern, "sehen insgesamt vor, in Deutschland zusätzlich mehr als 200 Stellen abzubauen".

Was bedeutet "zusätzlich mehr als 200 Stellen"? Um wie viele Arbeitsplätze geht es in Kitzingen konkret? Versuche telefonischer Nachfragen laufen ins Leere, niemand hebt ab. Bleibt der Blick auf das Gespräch im Dezember. Damals war von 100 Arbeitsplätzen in der Kaltschaumanlage die Rede. Und davon, dass 80 der 150 Mitarbeiter im Anlagen- und Werkzeugbau um ihre Stelle bangen müssten.

Alleinstellungsmerkmal

Walther Mann, Bevollmächtigter der IG Metall, sieht die Vorstellungen des Fehrer-Managements mit großer Sorge. Der Formenbau sei "hochprofitabel", ist Mann sicher, hier dürfe nicht gekürzt werden, sondern hier müsse sogar ausgebaut werden. Auch Betriebsrat Holger Lenz sagt, ein externer Gutachter habe für den Betriebsrat eruiert, dass der genannte Bereich wirtschaftlich ist - "entgegen der Aussage der Arbeitgeber".
Der Formenbau, das Know-how und die Qualität, das seien die Besonderheiten von Fehrer, sind Mann und Lenz sich einig. Sie hätten zur Weltmarkt-Stellung des Unternehmens beigetragen und zu 400 Millionen Euro Umsatz. Ohne diesen Bereich habe man keine Chance, am Markt zu bestehen.

Wenn die Geschäftsführung ihre Pläne durchsetze, schreibe Fehrer zwar 2014 schwarze Zahlen, meint Mann. Aber das sei eine "kurzfristigen Lösung", von der die IG Metall nichts hält. "Wir wollen eine langfristige Sicherung" - und die gehe nur mit dem Formen und Anlagenbau.

Holger Lenz macht deutlich, dass es auch Sicht des Betriebrates "keinen Grund gibt, am jetzt gültigen Ergänzungstarifvertrag zu rütten" - der Gutachter habe dies eindeutig bestätigt.

Lenz differenziert zwischen der "Fehrer-spezifischen Geschichte" rund um die Restrukturierung und "dem Hauptproblem". Dieses liegt laut Lenz an der generellen Situation der Automobilindustrie. Massiver Druck der Hersteller an die Zulieferer zwinge viele Firmen zum Abwandern in billigere Produktionsländer. Deshalb seien die Probleme auch nicht allein im Hause Fehrer zu lösen, sondern Politik und Gewerkschaften müssten grundsätzlich neue Weichen stellen, um den Zulieferern im Wettbewerb "eine faire Chance zum Überleben zu geben".
Am 21. Februar sind weitere Gespräche mit der Fehrer-Geschäftsleitung vorgesehen.