Richter: Angeklagter lebt in einer Scheinwelt
Autor: Franz Barthel
Würzburg, Donnerstag, 18. Juli 2013
Mehr als acht Jahre muss ein Kaufmann hinter Gitter. Er hat Anlegern eine revolutionäre Technik für neue Blockheizkraftwerke versprochen. 2,7 Millionen Euro hat er so zusammen bekommen.
Eine utopische Rendite bis zu jährlich 50 Prozent aus umweltfreundlicher Stromproduktion hat ein Würzburger Kaufmann (51) Kapital-Anlegern versprochen: 65 Kunden zahlten daraufhin insgesamt 2,7 Millionen Euro für frei erfundene Blockheizkraftwerke und verloren so Beträge zwischen 20 000 und über 200 000 Euro.
Den Kaufmann hat eine Große Strafkammer des Landgerichts Würzburg am Donnerstag wegen Betrugs in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts München zu einer weiteren Strafe von zwei Jahren und zwei Monaten wegen Steuerhinterziehung. Von den bestellten und bezahlten Blockheizkraftwerken ist kein einziges produziert und ausgeliefert worden.
Trotz hoher Schadenssumme und langer Prozessdauer ist die Urteilsbegründung ungewöhnlich kurz ausgefallen: Es mache keinen Sinn, ins Detail zu gehen, so der Vorsitzende Richter Hans
Obwohl die Beweislast bei Prozessbeginn bereits "erdrückend" und ein Geständnis die einzige Chance war, Pluspunkte zu sammeln, habe der Angeklagte die über ein Jahr dauernde Beweisaufnahme gewollt und sei dabei "nur immer tiefer reingerutscht". Das Ergebnis der Beweisaufnahme sei bei dem Kaufmann überhaupt nicht "angekommen".
Vor seinem Einstieg in die erneuerbaren Energie war der Angeklagte unter anderem Angehöriger der Bayerischen Bereitschaftspolizei mit Einsätzen an der Startbahn West und am Atomkraftwerk Brokdorf, er war Verkaufsleiter in der Schmuck- und Uhrenbranche und später Produktmanager bei Firmen für Zahnarzt-Software und Dental-Fräsmaschinen.
Am Geld der Anleger haben sich Vertriebs-Profis schamlos bedient mit Provisionssätzen bis zu 50 Prozent pro verkauftem Mini-Kraftwerk. Und auch der Chef hatte, obwohl es Geld der Kunden war, keine Hemmungen: Für 150 000 Euro kaufte er sich Anteile an einem Windpark, weitere 400 000 Euro verwendete er privat, zum Beispiel für die Rückzahlung von Schulden einer früheren Firma.
Revolutionär neu sollte an den Mini-Kraftwerken des Angeklagten sein, dass die Raps- oder anderes Öl verdampfen und mit dem entstehenden Gas die Turbinen antreiben - und das bei einem erheblich günstigeren Kosten-Leistungs-Verhältnis als bei anderen Blockheizkraftwerken.
Während das Gericht davon ausging, dass der Angeklagte von Anfang an nur Anleger "abzocken", aber niemals Blockheizkraftwerke ausliefern wollte, hält der sein Geschäftsmodell nach wie vor für eine richtig gute Sache.
Er sei, so der Angeklagte , nur an die falschen Geschäftspartner geraten: Provisionsgierige Vertriebsleute sollen ihn über den Tisch gezogen haben, auch vom Erfinder der neuen Brenner-Technik fühle er sich nachträglich getäuscht, vielleicht habe man aber auch nur an einander vorbeigeredet, ohne dass er es merkte.
Ein Teil des Geldes, das Anleger investierten, müsse auch "unterwegs versickert sein", jedenfalls sei es bei der "QuadroSol AG" nicht angekommen. Eigene Patente aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, die der Kaufmann gerne gegenüber Geschäftspartnern erwähnte, hat es allerdings ebenso wenig gegeben wie amerikanische Investoren, die mit angeblich über 40 Millionen Dollar bei den Blockheizkraftwerken des Angeklagten mit der neuen Turbinen-Technik einsteigen wollten.
Für den Angeklagten, der bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzt, bleibt es nicht beim "QuadroSol AG"- Urteil mit den acht Jahren und zwei Monaten vom Donnerstag: Während dieses Prozesses war er in einem anderen Verfahren zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, "wegen falscher Versicherung an Eides Statt" und, so der Vorsitzende Richter, es drohe der Widerruf von mehreren Bewährungsstrafen in anderer Sache.