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Rezepte gefälscht: Haft für Ex- Apotheker


Autor: Franz Barthel

Würzburg, Donnerstag, 28. Februar 2013

Ein ehemaliger Apotheker aus Würzburg, wegen umfangreichem Rezeptbetrug vorbestraft, ist in der Schweiz festgenommen, nach Deutschland ausgeliefert und jetzt wegen weiterer Straftaten in seiner Apotheker-Zeit in Würzburg verurteilt worden. Ein Schöffengericht hat ihn für zwei Jahre und vier Monate ins Gefängnis geschickt.


Der Strafprozess gegen den aus dem Knast vorgeführten 62-Jährigen begann mit erheblicher Verspätung, obwohl alle Prozessbeteiligte rechtzeitig da waren: Eine Stunde und 20 Minuten lang haben Richterin, Staatsanwalt und die Verteidigung auf dem Flur vor dem Sitzungssaal den Angeklagten im Rahmen eines so genannten Rechtsgespräches "bearbeitet". Dann hat er das Angebot der Justiz angenommen. Mit einem Deal konnte der Prozess beschleunigt werden: Höchstens zwei Jahre und sechs Monate, haben ihm Richter und Staatsanwalt vorgeschlagen. Bedingung: Ein umfassendes Geständnis. Im Sitzungssaal ging es dann ganz schnell.

Als er schon pleite war und seine Apotheke in Würzburg gar nicht mehr führen durfte, hat der Mann bei einem Pharma- Großhandel noch Medikamente im Umfang von über 170.000 Euro bestellt und bei einer EDV-Firma eine Computer-Anlage für 45.000 Euro. Auf dem Papier war die Apotheke an eine Kollegin verpachtet, tatsächlich führte der Angeklagte, dem die Approbation als Apotheker entzogen worden war, die Geschäfte weiter, weil er eine "Vision" hatte : Er wollte die Apotheke erhalten bis die Tochter, die da noch Pharmazie studierte, sie übernehmen kann.

Angeblich war dem Angeklagten zu der Zeit von einem Finanzvermittler in Frankfurt für eine kleine Anzahlung ein Darlehen von einer Million zugesichert worden. Doch der Mann, der das bezeugen könnte, ist wegen fortgeschrittener Demenz weder reise- noch verhandlungsfähig. Daher lässt sich auch nicht mehr aufklären, ob es sich bei dem sogenannten Darlehensvertrag um eine Fälschung handelt.

Zwei Millionen Euro Schulden

Der Ex-Apotheker, der jetzt angeblich verarmt mit seiner Familie in der Schweiz lebt, beziffert seine Schulden auf zwei Millionen Euro. Er betätigte sich dort nach eigenen Angaben zuletzt als Projektentwickler im Bereich der neuen Energien. Er stand gerade vor seinem wirtschaftlichen Durchbruch, behauptet er, als ihn die Würzburger Justiz abholen ließ. Nach seiner Freilassung möchte er in dem Bereich weiter arbeiten, die Tochter führt inzwischen in der Schweiz eine Apotheke.

Zu Risiken und Nebenwirkungen kann der Ex-Apotheker sich vorerst nur hinter Gittern äußern: Bis zur Verhandlung saß er erst einmal für eine Geldstrafe, die er nicht bezahlen konnte. Er hatte sich in Würzburg von einem Raumausstatter die Sitzmöbel seines Wohnzimmers neu mit Leder beziehen lassen, aber dann die Rechnung über 7300 Euro nicht bezahlt. Die Strafe wurde in die Verurteilung zu zwei Jahren und vier Monaten wegen Betrugs mit einbezogen.

Im Jahr 2002 war der Apotheker, der auch ein Mathematik- Studium abgeschlossen hat, von einer Großen Strafkammer des Landgerichts Würzburg wegen Rezept-Schwindels im großen Stil zu zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden. Die Kostendämpfung im Gesundheitswesen und die Konkurrenz unter den Apotheken vor Ort hatte er damals als Grund dafür genannt, dass seine Apotheke mit integriertem Reformhaus in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sei. Darauf habe der Apotheker dann, so das Gericht, nicht mit einem einmaligen Versagen reagiert, sondern über Jahre hinweg in einen ertragreichen Rezept-Schwindel erhebliche kriminelle Energie investiert.

Im großen Stil Rezepte "korrigiert"

Drei Mal im Monat wurden von der Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken Rezepte in der Apotheke abgeholt. Die hat der Angeklagte vorher in vielen Fällen, in Handarbeit aber auch mit dem PC, "bearbeitet", indem er abweichend vom verschreibenden Arzt , unter anderem die Packungsgrößen und Mengen zu seinen Gunsten nach oben korrigierte. Da ging die kleine Packung über den Ladentisch und ihm wurde anschließend die große vergütet.

Der Deal mit Kunden, die Hunderte von Rezepten beibrachten, aber gar keine Medikamente haben wollten, habe weniger gebracht, aber dennoch für kräftigen Umsatz gesorgt. Diese Patienten, die sich in großem Umfang, zum Teil auf telefonische oder schriftliche Bestellung, von Ärzten Rezepte "besorgten", konnten bei dem Apotheker in Höhe des Rezeptwertes frei einkaufen, von Parfüm über alle möglichen Stärkungsmittel bis zu Schönheitscreme und Müsli-Riegel.

Den gesetzlichen Krankenkassen ist durch die Manipulationen des Apothekers damals ein Schaden in Höhe von knapp 270.000 Euro entstanden, dazu kam noch Steuerhinterziehung in Höhe von etwa 40.000 Euro durch allzu "sparsame" Angaben des Angeklagten in Steuererklärungen beim Finanzamt.