Qualität als Rettungsanker
Autor: Daniela Röllinger
, Sonntag, 10. Oktober 2010
Wieder keine leichte Aufgabe für den Stadtmarketing-Verein: Statt dem trostlosen Geschehen soll eine warme, heimelige Atmosphäre auf dem Marktplatz einziehen.
Claudia Biebl wohnt noch kein zwei Jahre in der Stadt. Eine Neubürgerin unter 21 478 Einwohnern. Eine Frau, der ihre neue Heimat am Herzen liegt, obwohl sich Kitzingen zu Beginn nicht von seiner besten Seite zeigte: "Das Erste, was mir entgegenkam, war dieser schreckliche Weihnachtsmarkt."
Dass der Weihnachtsmarkt bis vor einigen Jahren so schlecht gar nicht war, wenngleich das Angebot sich stets glich, haben Viele vergessen. In Erinnerung geblieben sind die Buden im Jahr 2008. Die weißen Container erinnerten an einen Fischmarkt, die Versuche, sie mit Tannenbäumen und wenigen Lichterketten zu verschönern, wirkten hilflos. Von heimeliger Atmosphäre keine Spur. Es hagelte Kritik von den Bürgern.
2009 gab es als Übergangslösung einen vorweihnachtlichen Treffpunkt mit kulturellen Veranstaltungen. 2010, so die Planung, sollte es einen richtigen Weihnachtsmarkt geben.
Im Februar erteilte der Stadtrat dem Stadtmarketing-Verein den Auftrag, sich um die Sache zu kümmern. Der nahm die Herausforderung an, auch ohne Budget. Ein Weihnachtsmarkt-Team wurde gebildet. "Anfangs waren wir so viele, dass wir gar nicht in ein Zimmer passten", blickt Geschäftsführer Thomas Most zurück. Letztendlich bildete sich ein vierköpfiges Team, das federführend am Markt 2010 arbeitet, weitere Helfer sind im Hintergrund aktiv. Das Ziel formuliert Claudia Biebl: "Wir kommen vom hässlichen Entlein und wollen zum schönen Schwan werden." Das passende Bild dazu hat sie auf die Unterlagen für die Presse gedruckt: Ein Schwan, der die tarnfarbene Ente kämpferisch anvisiert und herausfordern die Flügel spreizt. Er will es verscheuchen, das unscheinbare Ding, und damit auch das negative Image des Marktes.
Am Konzept wurde gar nicht mal viel geändert, aber die Schwerpunkte wurden verlagert. Dekoration ist dem Verein wichtig, und Qualität. So gibt es jetzt ein Logo. Über der roten Silhouette der Stadt steht in goldener Schrift "Kitzingen leuchtet". Schon beim Anblick der warmen Farben kommt die heimelige Atmosphäre auf, die 2008 schmerzlich vermisst wurde.
Bei der Dekoration überlassen die Vier - neben Biebl und Most gehören Astrid Glos und Susanne Lorenz zum Team - nichts dem Zufall. Die nackte Hütte neben der überladenen leuchtendbunten Lichtergirlande soll es nicht mehr geben. Der Verein dekoriert die Hütten vor. Dem Handel werden die gleichen Deko-Artikel angeboten, so dass dieser mitziehen kann, dass ganz Kitzingen im Advent leuchtet und nicht nur der Marktplatz mit seinen 15 Hütten.
Jeder Kitzinger kann zum schönen Erscheinungsbild beitragen, rote und goldene Holzsterne symbolisch in den Geschäften erwerben - dafür werden große Sterne am Weihnachtsbaum angebracht. Einer kostet fünf Euro und nimmt automatisch an einer Verlosung teil. 2,50 Euro gehen als Spende an die Lebenshife. Lichtergläser mit der Stadtsilhouette tauchen den Marktplatz und gerne auch jedes heimische Wohnzimmer in weihnachtlichen Glanz. Auch dies eine Verschönerung und eine Einnahmequelle gleichermaßen - schließlich fehlt dem Stadtmarketing-Verein wie schon erwähnt das Budget. Als Pate kann man das Licht außerdem in caritative Einrichtungen bringen und sich dort engagieren, Geschichten vorlesen oder mit dem Chor auftreten.
Das Angebot der Hütten wechselt, so dass sich der Besuch mehrmals lohnt. Oberste Prämisse war bei der Auswahl die Qualität, betont Susanne Lorenz, Massenware aus China ist unerwünscht. Dazu kommt das Begleitprogramm: Kindermusical, Häckerbühne, Bauchredner, Kabarett, Konzert, Puppentheater, Weihnachtslieder - jeden Tag gibt es eine Veranstaltung in der Rathaushalle oder auf dem Marktplatz. Dazu ein kulinarisches Angebot - zum Teil schon ab dem 1. Advent. Den Schlusspunkt unter die Vorweihnachtszeit setzt das Weihnachtsliedersingen an Heiligabend auf dem Marktplatz. Geht alles gut, wird auch Claudia Biebl dann aus vollem Hals "Oh, du fröhliche" singen und sich inmitten warmer Farben unter den leuchtenden Sternen am Baum in Kitzingen so richtig heimisch fühlen.