Pfarrer auf dem Bauernhof: Schweine statt Schäfchen
Autor: Elli Stühler
Dettelbach, Donnerstag, 13. Juni 2013
25 Pfarrer und Dekane aus dem Landkreis Kitzingen informieren sich im Schweinemaststall von Klaus Niedermeyer über die Probleme der Landwirte. Und sie stellen fest: Man hat einiges gemeinsam.
Dicht verpackt in weißen Fließanzügen und mit blauen Plastiküberzügen über den Schuhen starten die Männer zu einer Betriebs- und Stallbesichtigung. Die Mitglieder der Kreisvorstandschaft des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und die Pfarrer des Landkreises besuchten den Hof von Klaus Niedermeyer.
Etwa 25 evangelische und katholische Pfarrer, Dekane, Priester und ein Franziskanerpater aus dem Landkreis Kitzingen waren der Einladung des BBV Kitzingen gefolgt, den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Niedermeyer in Dettelbach/Neuhof zu besichtigen und machten sich ein genaues Bild von dem Schweinemastbetrieb des Vorsitzenden des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung.
Wie Klaus Niedermeyer den Gästen erklärte, ist Neuhof eine ehemalige Jesuitensiedlung aus dem Jahre 1750. Heute leben in dem Ort 37 Personen, mit zwei Vollerwerbsbetrieben und etlichen Nebenerwerbsbetrieben.
Viel Verantwortung
"Tiere zu halten, bedeutet viel Verantwortung. Das heißt für mich und meine Frau: voller Einsatz - jeden Tag! Nur wenn es meinen Tieren gut geht, kann ich als Landwirt erfolgreich sein", sagt Klaus Niedermeyer. Er bewirtschaftet den Hof mit 1200 Mastschweinen, 60 Hektar Ackerland, zehn Hektar Zuckerrüben und Raps. Angebaut wird außerdem Getreide, das er für die Fütterung seiner Mastschweine benötigt. Was er dann noch braucht, kauft er zu.
Der Landwirt bearbeitet seine Felder mit Arbeitsgeräten, die er über den Maschinenring besorgt, und in Nachbarschaftshilfe. "Das geht viel schneller, die Maschinen haben größere Arbeitsbreiten und dadurch dauern die Arbeiten nicht mehr so lange", erklärt Niedermeyer.
Vor fünf Jahren ist er weg von der Herdbuch-Tierhaltung hin zur Schweinemast gewechselt, erzählt er. Richtiges Stallmanagement und Hygiene sind ihm besonders wichtig. Die Tiere, die früher auf Stroh lagen, leben heute in Ställen auf Spaltenboden mit großer Bewegungsfreiheit, sowohl im Abferkelbereich, als auch im Maststall und in der Sauenhaltung. Ventilatoren regeln die Frischluft und mindern die Geruchsbildung. "Alles läuft im Betrieb heute mit Technik, nur der Opa füttert die Eber und die Hühner noch mit der Hand."
Das Klima spielt eine große Rolle
Das Stallklima ist für Schweine besonders wichtig und spielt für das Wohlbefinden der Tiere eine große Rolle. Ferkel brauchen eine Wärme von 30 Grad, während Mastschweine mit 25 Grad auskommen. Niedermeyer muss also bei der Betreuung seiner Tiere auf unterschiedliche Bedürfnisse achten. In den Ställen sind deshalb eine Alarmanlage für Strom- und Wasserausfall und ein Notstromaggregat installiert.
Ein hoher Hygienestandard im Stall verhindert, dass Schweine krank werden. Jeder, der seinen Betrieb betritt - egal ob der Landwirt selbst, der Tierarzt oder ein Besucher - muss Schutzkleidung tragen. So wird verhindert, dass Krankheiten in den Schweinestall eingeschleppt werden. "Stallöffnungen sind heute ein echtes Problem", bestätigt Veterinärdirektor Uwe Knickel vom Landratsamt Kitzingen, "gerade wegen der Übertragung von Krankheiten herrscht bei den Landwirten ein striktes Verbot für Besucher".
Die Situation ist schwierig
Nach der Besichtigung diskutierten der Geschäftsführer des BBV, Rudolf Bender, und die Mitglieder der Kreisvorstandschaft mit den Pfarrern über das Thema Landwirtschaft, besonders zum Thema Tierhaltung. "Der Verbraucher weiß immer weniger, was da eigentlich läuft", warf BBV-Kreisobmann Alois Kraus ein. "Wo wir uns schwer tun, ist die Situation im Lebensmittelhandel in Bayern - da decken drei Firmen 80 Prozent der Schlachtungen ab." Der Handel dulde dieses Angebot, da heutzutage der Verbraucher immer nur auf Sonderangebote schaue. Kraus, übte Kritik an Fernsehberichten, dort würden die extremen Bilder immer wieder gezeigt, was zur Verunsicherung der Verbraucher führe.
Die Einstellung zum Lebensmittel werde durch Ramschware kaputt gemacht, so Herbert Pfriem, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide und Sonnenblumenkerne. In vielen Betrieben sähe es genau so sauber aus wie bei Niedermeyer. Mit einem Tag der offenen Betriebe versuche man, die heutige Landwirtschaft so dazustellen, wie sie wirklich ist.
Gesellschaft muss umdenken
Der Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Ernährung, Gerd Düll, sieht das Hauptproblem in der Standortlage der Betriebe: "Gewisse Abstandshaltung zu Wäldern und Dörfern, die Belästigung durch Mähdrescher und Maishäcksler und der Gestank sind nun mal vorhanden. Die Dorfbevölkerung stößt sich dran, dadurch geht die Grundsubstanz der Landwirtschaft verloren. Das ist das größte Problem." Außerdem gehe die Wertschätzung der Lebensmittel verloren durch Werbung - "zahl zwei, nimm drei". Die Gesellschaft müsse umdenken.
Ein weiteres Problem sei das unternehmerische Denken, meint Düll. Der Hof stehe und falle mit der Person des Unternehmers. "No risk, no fun", machmal müsse man schon mal ein Risiko eingehen.
Kaplan Ellert erinnerte an die klassische Version vom Hofladen zu Käufern. "Die gibt es schon noch, jedoch mit einer bestimmten Auflage", sagte Kraus dazu. Uwe Knickel ist sicher: "Der Landwirt arbeitet gerne, doch die Dokumentation und die Regelungen in den Betrieben wird immer schwieriger und Zeit raubender. Bürokratie muss abgebaut werden - und nicht das Blatt, das weggeworfen werden soll, noch vorher drei Mal kopiert."
Man hat viel gemeinsam
Problematisch sei auch das Zusammenleben der Generationen und der wirtschaftliche Druck. Seit kurzem gibt es das Montagstelefon des BBV. Dorthin können sich Personen mit persönlichen Problemen im zwischenmenschlichen Bereich wenden, informiert Rudolf Bender.
Dekan Hanspeter Kern war sehr beeindruckt vom Betrieb Niedermeyers: "Bei den Landwirten ist heute ein Stück weit Berufung dabei, genauso wie bei den Priestern, das liegt wahrscheinlich schon in der Muttermilch." Auch Alois Kraus sieht Gemeinsamkeiten der beiden Berufe: "Beide tun sich schwer, allen ihr Wissen zu vermitteln."