"Nova" bietet Hilfe für trauernde Familien
Autor: Pat Christ
Würzburg, Sonntag, 02. Dezember 2012
Seit zehn Jahren hilft "Nova" in Würzburg Familien nach dem Krebstod eines Elternteils. Sie müssen nicht nur den Verlust verarbeiten, sondern oft auch die Rollen neu verteilen. Ab Januar gibt es eine neue Trauergruppe.
Auf den Schreck der Diagnose "Krebs" folgt oft eine lange Krankheitszeit. "Nach ein oder zwei Jahren voller Auf und Ab, Bangen und Hoffen stirbt dann der Partner", schildert Evelyn Flohr-Schmitt von der Bayerischen Krebsgesellschaft. Familien aus Unterfranken nach dem Tod eines Elternteils zu helfen, darauf zielt das vor zehn Jahren gegründete Projekt "Nova" ab. Rund 50 Familien nahmen bisher an der geleiteten Trauergruppe teil. Am 26. Januar wird eine neue Gruppe starten.
Phasenweise wird die lange Leidenszeit des Krebskranken wie ein Spuk erlebt. Immer wieder müssen Chemotherapiebehandlungen und Klinikaufenthalte des Partners oder der Partnerin mit durchgestanden werden. Dann wieder gibt es schöne Momente, die Mut machen und hoffen lassen, dass doch noch alles gut werden wird. In der Trauergruppe "Nova" erzählen die Väter und Mütter, wie sie diese Zeit zusammen mit ihren Kindern bewältigt haben.
Zum Beispiel reagieren Jugendliche in der Pubertät auf die Folgen der Chemotherapie mitunter ganz und gar nicht so, wie sich Erwachsene das vorstellen. "Es kann vorkommen, dass sie sich vor den anderen schämen", so Evelyn Flohr-Schmitt. "Sie wollen in diesem Alter ja ganz normal sein. Und keine Mama mit ‚Chemoglatze' haben."
Trauer verfliegt nicht schnell
Schmerz und Trauer gehen viel langsamer vorüber, als das Umfeld das gerne hätte. Auch diese Erfahrung machen die Betroffenen oft, sagt Waltraud Stubenhofer vom Würzburger Krisendienst, die dem "Nova"-Team angehört: "Sie spüren die Ungeduld ihrer Mitmenschen, wenn sie nach Monaten immer noch trauern." Auch den Kindern wird keine lange Trauerzeit zugestanden, sie müssen in der Schule bald wieder funktionieren. Doch die Trauer verfliegt nicht so schnell. Wobei gerade Kinder oft in einer den Erwachsenen fremden Weise trauern: "Es kann zu Wutausbrüchen kommen." Manche Kinder beginnen auch wieder, einzunässen. Oder sie entwickeln Schlafstörungen. Andere werden plötzlich sehr anhänglich und leiden unter Trennungsangst. Darauf sollte mit sehr viel Zuwendung reagiert werden.
Rollen müssen neu verteilt werden
Ist eine Familie plötzlich zu zweit oder dritt, müssen die Rollen neu verteilt werden. Von den Kindern wird möglicherweise mehr Mithilfe verlangt. Und Mütter, die sich bisher zu Hause um den Nachwuchs gekümmert haben, müssen sich beruflich neu orientieren, sind sie doch mit einem Mal gezwungen, den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Väter, deren Partnerin gestorben ist, haben plötzlich viel mehr erzieherische Aufgaben zu erfüllen. Einige hatten mit dem "Schulkram" des Sohnes oder der Tochter nie etwas zu tun. Nun müssen sie Hausaufgaben kontrollieren und am Elternsprechtag teilnehmen. Auch über solche Probleme tauschen sich die Familien bei den monatlichen Gruppentreffen und einem gemeinsamen Wochenende aus. Sie geben sich Tipps zur Bewältigung dieser Alltagsprobleme und machen einander Mut.
Keine klugen Tipps
Was die Familien nicht brauchen können, sind Ratschläge, die andere ihnen aufdrängen. Die Leiterinnen der Gruppe sehen es denn auch nicht als ihre Aufgabe an, kluge Tipps zu geben. Sensibel wollen sie dabei unterstützen, den Verlust zu verarbeiten und dem eigenen Leben nach dem Tod des Partners eine neue Orientierung zu geben.
Mit verschiedenen Methoden geleiten Evelyn Flohr-Schmitt und Waltraud Stubenhofer die Familien durch diese schwierige Zeit. Hilfreich ist es zum Beispiel, sich einmal die eigene "Lebensspur" zu vergegenwärtigen. Dies geschieht anhand bunter Seile. Jedes Familienmitglied erhält ein andersfarbiges Seil. An wichtigen Stationen und Knotenpunkten wird neben die Seilspuren ein Symbol gelegt - ein Herz fürs Verliebtsein oder ein Spielzeughaus für das eigene Heim. Am Ende läuft das eigene Seil und jenes der Kinder in die Zukunft aus.
Nach dem Tod des Partners lassen sich die Folgen kaum übersehen, das weitere Leben mit den Kindern erscheint mitunter bedrohlich oder schier nicht zu bewältigen. Doch irgendwie geht es weiter. Auch hiervon erzählen sich die Familien.
Bei den meisten liegt der Tod des Partners oder der Partnerin mehrere Monate, bei einigen sogar ein oder zwei Jahre zurück. Was sie alles in dieser Zeit geleistet haben, das wird den Betroffenen meist erst dann bewusst, wenn sie anderen darüber berichten. Manchmal fließen Tränen, so Waldtraud Stubenhofer: "Das darf auch sein. Wobei mindestens genauso viel zusammen gelacht wird."
Die Trauergruppe "Nova"
Eine neue, geleitete Trauergruppe für Familien, in denen ein Elternteil an Krebs gestorben ist, trifft sich ab dem 26. Januar wieder monatlich an einem Samstag. Die Treffen finden insgesamt fünf Mal von 10 bis 17 Uhr in den Räumen der Psychosozialen Krebsberatungsstelle in Würzburg (Luwigstraße 22/II, Eingang Eichstraße) statt. Parallel dazu wird eine Kinderbetreuung angeboten. Anfang August verbringen die Familien ein gemeinsames Wochenende auf Burg Wahrberg bei Aurach im Landkreis Ansbach. Anmeldung und nähere Informationen sind montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr sowie donnerstags zusätzlich von 14 bis 15.30 Uhr unter der Telefonnummer 0931/280650 möglich.