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Nase und Stiefel voll


Autor: Diana Fuchs

Kitzingen, Montag, 03. Juni 2013

Alle hoffen, dass der Wetterbericht stimmt und kein neuerlicher Rekordregen fällt. Zeit zum "Wasser lassen" also - und um den Hochwasserschutz unter die Lupe zu nehmen.


Schon viel erlebt hat Schwarzachs Bürgermeister Lothar Nagel. Aber das noch nicht. "Schwarzach hat´s heftig getroffen", zog er gestern eine erste Hochwasser-Bilanz. Es sei klar geworden, dass das Thema "Hochwasser-Schutz" nun neu diskutiert werden müsse.

Warum das Hochwasser diesmal die Anrainer kleiner Bäche überrascht hat und weniger die Hochwasser-erprobten Main-Orte wie Kitzingen, ist klar. Extrem viel Regen im Mai hatte die Böden gesättigt, sie konnten kein Wasser mehr aufnehmen. Lokaler Starkregen hatte dann ab Freitag sein Übriges getan und an den kleinen Gewässern - von Obernbreit bis Obervolkach - zu teils erheblichen Überschwemmungen mit entsprechenden Schäden geführt. Am Steigerwaldrand wurden Rinnsale zu reißenden Bächen - etwa in Großlangheim, Prichsenstadt, Wiesentheid, Abtswind, Rüdenhausen oder Greuth.



Wehren arbeiten Hand in Hand

Zu Lothar Nagel und den Schwarzachern kam das viele Regenwasser über den Castellbach und seine Zuflüsse. Diese fluteten den Überlauf in Düllstadt, was wiederum den Silberbach und die Schwarzach ausufern ließ. Insbesondere die Gewerbegebiete, das Baugebiet Seewasen - dessen Name plötzlich Programm wurde - und die Unterlieger, inklusive Bauhof, hatten mit wahren Wassermassen zu kämpfen. "Neben unseren sieben Feuerwehren waren auch Volkach, Dettelbach, Großlangheim, Mainstockheim und Sommerach im Einsatz, ebenso wie des THW", berichtet Nagel, der sich zudem über "große Unterstützung" von der Firma Fehrer freute, die gefüllte Sandsäcke lieferte.

"Ich selbst kann mich nicht an eine derartige Überschwemmung erinnern. Man hat mir erzählt, 1965 habe es mal ähnlich schlimm ausgesehen", berichtet Nagel. Ob die Überflutung Anlass ist, sich mit dem Hochwasserschutz neu auseinanderzusetzen? Nagel sagt: "Wir werden das Geschehen aufarbeiten, zusammen mit den Fachleuten vom Wasserwirtschaftsamt."

Ähnlich äußert sich der Wiesentheider FFW-Kommandant Michael Rückel, der im sonst so trockenen Wiesentheid plötzlich Land-unter-Erlebnisse hatte. Vor Ort habe es schon Überlegungen zu künftigen Schutzmaßnahmen gegeben.

Während sich die Lage an den kleinen Bächen inzwischen weitgehend normalisiert hat, bleibt die Situation am Main "ernst, aber nicht bedrohlich". Markus Ungerer, der Kitzinger Feuerwehr-Kommandant, und Alexander Fischer, Ortssprecher des THW, gehen davon aus, dass die Scheitelwelle mit 3,40 bis 3,50 Metern - das wäre etwa der Stand des Frühlingshochwassers - spätestens heute Morgen durch Kitzingen rollen wird. Bedingt durch den anhaltenden Regen der vergangenen Tage wird der Pegel des im Durchschnitt 2,25 Meter tiefen Mains danach nicht allzu rasch sinken.

Der Zeitpunkt für die Flut ist zwar ungewöhnlich - üblicherweise führt der Main zwischen November und März seine großen Hochwässer. Doch "im Vergleich zu Südbayern haben wir ein Schweineglück", bringt Fischer die Situation auf den Punkt. Sein THW hatte am Wochenende zahlreiche Feuerwehren unterstützt, etwa in Wiesentheid, als in der Nähe der Steigerwaldhalle ein Damm zu brechen drohte und ein Durchlass verengt werden musste, um das Wohngebiet zu schützen. Auch in Schwarzach war technisches Können gefragt, als eine Grundstücksmauer wackelte. Um Menschenleben musste jedoch - anders als einige hundert Kilometer östlich und südlich - nirgends gebangt werden. THW- und FFW-Kräfte aus der Region werden nun laut Fischer nach Passau entsandt, wo "jede helfende Hand gebraucht wird".

"Das gehört dazu"

Ruhe in die Pegeldiskussionen bringt Axel Bauer. "Hochwässer sind Naturereignisse", stellt der Chef des Aschaffenburger Wasserwirtschaftsamtes fest. "Es ist völlig normal und gehört zum Gewässer dazu, dass es ab und zu ausufert. Das kann Probleme geben, wenn´s mal extrem wird, ist aber weder schädlich noch unüblich." Die Schäden seien "durch Menschen gemacht", sagt der Leitende Baudirektor. "Durch Nutzungen in Überschwemmungsgebieten - als Siedlungen oder landwirtschaftliche Flächen - ergibt sich eine Gefahr."
Aber müsste nicht der Main nach seinem Ausbau größere Hochwässer verhindern? "Man versucht nicht, das Gerinne auszubauen, um dadurch ein Hochwasser aufzuhalten!" Heute werde Gewässern ganz gezielt Raum gegeben, damit sie sich im Fall des Falles ausbreiten können - und Hochwasser quasi abebbt. Bauer betont, dass sich neue Hochwasser-Schutzanlagen mit mobilen Verschlüssen "auf jeden Fall bewährt" haben, etwa in Würzburg oder Miltenberg. "Der Bau solcher Anlagen wird weitergeführt." Das Problem ist allerdings, dass solche Bauwerke sehr teuer sind. Vorbeugung dagegen kostet nichts: "Autos kann man vor der Flut wegfahren und höherwertige Nutzungen in höhere Etagen verlegen. Dann macht die Überflutung gar nicht so viel aus." Absoluten Schutz - das stellt Bauer ebenso klar - gebe es freilich nirgends im Leben.

Tipps, Infos und Vorbeuge-Maßnahmen sind mitsamt einem kurzweiligen Hochwasser-Risiko-Managementplan im Internet unter www.hopla-main.de zu finden.