Mit dem Wald geht es wieder aufwärts
Autor: Ralf Dieter
Kaltensondheim, Donnerstag, 19. Juli 2012
Einmal im Jahr fahren Förster durch den Freistaat und begutachten die Baum-Qualität. In Unterfranken ist der Startschuss bei Kaltensondheim gefallen. Der erste Eindruck ist positiv.
Wenn drei gestandene Männer im Wald stehen und Bäume ansprechen, dann zweifelt man schon ein wenig. Wenn die drei auch noch die Sonne und ihre sechs Monde suchen und dabei im Unterholz nach kleinen Eisenstäben suchen, macht man sich ernsthafte Sorgen. Doch Peter Aichmüller, Frank Popp und Bernd Zürner haben keinesfalls zu viel Sonne abbekommen. Sie sind im Namen des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterwegs, um den Gesundheitszustand der Bäume zu untersuchen. Der Startschuss in Unterfranken fiel in einem kleinen Waldstück in der Gemarkung Kaltensondheim.
"Noch ein wenig rechts, da hinten, das müsste sie sein." Popp dirigiert seinen Kollegen Bernd Zürner. Mit bunten Bändern bewaffnet stapft er durchs Unterholz, auf der Suche nach den richtigen Bäumen, die seit vielen Jahren Bestandteil des Monitorings sind. Mit GPS finden die Förster in der Regel das Zentrum ihrer Beobachtungen - die sie Sonne getauft haben. Sechs Monde - oder Satelliten - in der Umgebung werden ebenfalls genau unter die Lupe genommen. Fehlt der Eisenstab, auf den das GPS anspricht, müssen allerdings die alten Karten und Aufzeichnungen herhalten. So wie in Kaltensondheim.
Jahr für Jahr sind Trupps aus den jeweiligen Forstämtern in ganz Bayern unterwegs. 25 speziell ausgerüstete Förster sind es in diesem Jahr. Für ganz Unterfranken, mit seinen rund 30 Beobachtungspunkten, ist der Trupp von Peter Aichmüller zuständig. Nach drei bis vier Wochen haben sie rund 1000 Bäume begutachtet und zirka 3000 Kilometer zurückgelegt. "Aber die Arbeit macht Sinn", sagt Aichmüller. "Wir bekommen ein gutes Bild, wie es um den Wald im Freistaat steht."
Der Regen tut gut
Nach aufreibenden Jahren mit Schädlingsbefall und Trockenheit hat sich die Lage beruhigt. "Der Regen tut der Vegetation gut", sagt Aichmüller. Und Schädlinge wie der Borkenkäfer oder der Eichenprozessionsspinner legen bei diesen Bedingungen weniger Eier. "Die nächsten Wochen sind deshalb enorm wichtig", erklärt der Forstoberrat. "Wenn das Wetter so durchwachsen bleibt, dürfte der Schädlingsbefall auch im nächsten Jahr kein großes Problem sein und die Bäume können sich weiter erholen."
Seit 1983 wird die Waldzustandserhebung regelmäßig durchgeführt. "Der saure Regen von damals ist heute kein Thema mehr", sagt Aichmüller und staunt selbst, wie schnell sich die Wälder immer wieder erholen. In dem kleinen Waldstück bei Kaltensondheim fallen ihm und seinen Kollegen jedenfalls keine Besonderheiten bei Eiche, Buche und Elsbeere auf. Mit dem Fernglas an den Augen stehen sie am Waldrand und "sprechen" die markierten Bäume an. Wie viele Blätter beziehungsweise Nadeln hat der Baum? Ist Schädlingsbefall zu beobachten? Wie viele Früchte trägt er? Gibt es Pilze? Während die drei Förster die Krone begutachten, murmeln sie seltsame Zahlenfolgen, die Bernd Zürner auf seinem Formblatt festhält. Am Ende der Untersuchungen können sie Vergleiche anstellen: Von Standort zu Standort und über die Jahre hinweg.
Die Daten aus ganz Bayern werden von der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft ausgewertet, die Ergebnisse Ende des Jahres im Landtag präsentiert. Außerdem fließen sie im detaillierten Waldbericht ein, der alle drei Jahre erstellt wird. Die gesammelten Erkenntnisse liefern den Experten wertvolle Hinweise: Welche Baumarten kommen mit dem Klimawechsel am besten zurecht, welche Schäden hinterlassen Trockenheit und Schädlinge.
Popp und Zürner haben dank ihrer Aufzeichnungen und des Navigationsgerätes nun auch den zweiten "Mond" gefunden. Dank der beiden Messstellen können sie deshalb auch die "Sonne" finden, das Zentrum ihrer Inventarisierungsarbeit im Wald von Kaltensondheim. "Na klar", sagt Aichmüller und lächelt. "Das ist doch die Schwarzenegger-Eiche." Tatsächlich strotzt der Referenzbaum vor Kraft und Vitalität. Und um die drei Förster muss sich auch keiner Sorgen machen. Sie strotzen vor Kreativität und Energie. Frank Popp ist schon wieder auf der Suche. Dieses Mal nach dem dritten "Mond".