Mit 68 Jahren fängt für Josef Mend ein neues Leben an
Autor: Eike Lenz
Iphofen, Dienstag, 21. April 2020
Nach 30 Jahren wird aus dem politischen Menschen Josef Mend ein Privatier. Er geht im Gefühl, Spuren hinterlassen zu haben, die über seine Bürgermeisterzeit hinausgehen.
Raus aus der vertrauten Enge des Ratssaals, rein in die schier unendliche Weite der Karl-Knauf-Halle: Die Corona-Krise mutet auch einem Mann wie Josef Mend noch manches zu, was er sich auf seine letzten Tage als Iphöfer Bürgermeister gern erspart hätte. Zu seiner letzten Arbeitssitzung der zu Ende gehenden Wahlperiode musste der Stadtrat dieser Tage in die Stadthalle umziehen. Vergleichbares hat Mend noch nie erlebt: nicht in bald 68 Lebensjahren und auch nicht in 30 Dienstjahren.
Mend hat Iphofen mit Ideen und Überzeugungen geformt
Ende April räumt er seinen Platz im Rathaus, Eckzimmer, zweites Obergeschoss, mit Blick auf den Marktplatz, und geht in den politischen Ruhestand. Mitglied des Kreistages wird er zwar bleiben , aber das Leben des Mannes, der jahrzehntelang ein Mann der Öffentlichkeit gewesen ist, wird sich dann hauptsächlich im Privaten abspielen.
Mend ist ein Kind der Iphöfer Altstadt, hier ist er aufgewachsen, hier lebt er nach wie vor mit seiner Frau Maria. Die Altstadt aber ist umgekehrt auch sein Kind. Hier, im Herzen Iphofens, hat er in 30 Jahren die tiefsten Spuren seines beruflichen Wirkens hinterlassen. So, wie die Stadt heute dasteht, wie sie nach innen und außen strahlt , hat er sie mit seinen Ideen und Überzeugungen geformt, teils bis ins Detail.
Er hat die Vergangenheit konserviert, ohne Zukunft zu verhindern, hat das Bodenständige und Gediegene bewahrt, aber immer so viel Mut bewiesen, dass die Stadt den Zeitgeist atmen und Veränderung sichtbar werden konnte. Manches Anwesen hat er diesem Zeitgeist geopfert, von historischen Nachbauten hielt er nicht viel. Aber nie bestand dabei die Gefahr, dass die Identität der Stadt verloren gehen könnte.
Eine Stadt als ein kleines, vom Glück gesegnetes Reich
Als vor der Kommunalwahl 2005 ein Reporter der "Süddeutschen Zeitung" Iphofen besuchte, beschrieb er ein "kleines Reich, das vom Glück gesegnet ist": eine Stadt, die sich – dank der Gewerbesteuer-Millionen eines global handelnden und regional denkenden Baustoffgiganten – immer mehr leisten konnte als die meisten anderen Kommunen und die ihren Wohlstand sinnstiftend einzusetzen verstand.
Sie investierte in Schule und Kindergärten, in Bürger- und Jugendhäuser, in eine Sport- und Veranstaltungshalle, in Baugebiete und Altstadtsanierung. Es waren große Projekte, und bei jedem Spatenstich oder Einweihungsfest hielt Mend ausgefeilte Reden, in denen er kaum wiederzuerkennen war.
Am besten war er immer dann, wenn er frei von der Leber weg sprach, wenn er nicht ins Korsett einer vorbereiteten Rede gezwängt war, sondern den Blick und die Gedanken schweifen lassen konnte. Überregionale Medien verliehen ihm oft den gestelzten Titel „Verwaltungsfachmann“, aber das klang zu sehr nach Technokrat. Nicht dass er auch pragmatisch sein konnte, etwa wenn es um die Einhaltung der Gestaltungssatzung und die Regeln des Bauens in der Altstadt ging.