Marktstefter Familie lebt und hofft im Container
Autor: Tom Müller
Marktsteft, Mittwoch, 31. Oktober 2012
Nach einer Räumungsklage und der Zwangsräumung lebt Familie Dinter im Container am Stadtrand von Marktsteft. Sie hofft verzweifelt auf eine bezahlbare Mietwohnung. Doch die ist nicht in Sicht.
"67 Jahre wohne ich schon in Marktsteft", sagt Reinhard Dinter. "Dass es mal so weit kommt, hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können."
In der Tat klingt seine Geschichte, die ihn und seine Familie nun in einen Baucontainer an den Stadtrand von Marktsteft geführt hat, wie ein schlechter Film: 50 Jahre hatte der einstige Maschinenschlosser mit seiner geistig behinderten Frau in einer von der Gemeinde vermieteten Wohnung im Rathaus von Marktsteft gewohnt. Als seine Wohnung zum Museum umgebaut werden sollte, zog die Familie, zu der in der Zwischenzeit auch Tochter Laila gehörte, in die Günterstraße 17 um. Einen Mietvertrag mit der Stadt gab es nach Aussage von Reinhard Dinter nicht.
Haus musste weichen
"Das Mietverhältnis ist formlos, wie in der alten Wohnung, weitergeführt worden", erzählt er. Elf Jahre hat die Familie dort gewohnt. Dann musste das Haus einem Verbindungskanal weichen, der zur neuen Mischwasserbehandlungsanlage im ehemaligen Kleidergelände führt.
"Ein Jahr vorher sind wir mit einem offiziellen Schreiben darüber informiert worden, dass wir die Wohnung räumen müssen", berichtet der heute 68-Jährige. "Nur fanden wir bis jetzt keine Mietwohnung, die bezahlbar war und unseren Anforderungen genügt."
Reinhard Dinter verweist auf die Behinderung seiner Frau und auf seinen eigenen Gesundheitszustand.
Zwangsräumung vollstreckt
Woche für Woche ging so ins Land, bis sich die Situation dramatisch zuspitzte. Am Morgen des 11. September 2012 stand der Gerichtsvollzieher mit einer Möbelspedition vor der Tür. Trotz einer Räumungsklage kam die Zwangsräumung für die Familie überraschend. "Der Bürgermeister hatte mir eine mündliche Zusage gemacht, dass wir noch bis Oktober drin bleiben können", erzählt Reinhard Dinter.
Bürgermeister Rudolf Riegler (FW) wusste auf Nachfrage von einer derartigen Zusage nichts, verwies aber auf eine Informationspolitik, die aus Sicht der Verwaltungsgemeinschaft mehr als vorsorglich gewesen sei. "Zwei Jahre vorher, also lange bevor der formelle Weg eingeleitet wurde, habe ich die Familie Dinter bereits davon in Kenntnis gesetzt, dass sie sich eine neue Bleibe wird suchen müssen", erklärt er. "Man muss diese Zeit dann auch nutzen und nicht warten, bis es zu spät ist."
Leben am Rand der Gemeinde
Die Stadt warf die Dinters auch nach Ablauf der Zeit nicht einfach auf die Straße. Sie vermittelte einen Gasthof, in dem sie für eine Woche vorübergehend wohnen konnte, bis ein Container neben der Mehrzweckhalle frei wurde. Dort haust die Familie aktuell zwischen Taschen und Tüten in einem Wohnraum mit drei Betten, Ofen, Kühlschrank, einer Toilette und einem kleinen Bad. "Warm ist es, günstig ist es nicht", berichtet Laila Dinter.
Nachdem schon die Woche im Gasthof den Geldbeutel der Dinters mit 300 Euro belastet hatte, schlägt die monatliche Miete im Container mit 600 Euro aufs Gemüt. Reinhard Dinter betont, dass er seine Miete auch in der Günterstraße stets regelmäßig bezahlt hatte. Der Zustand kratzt an der Seele der Familie. "Wir fühlen uns wie Ausgestoßene in einer Gemeinde, deren Teil wir ein ganzes Leben waren".
Wie es nun weitergeht? Reinhard Dinter zuckt die Achseln. Erneut drängt die Zeit. Sein Hab und Gut ist nach der Zwangsräumung eingelagert worden. "Nach acht Wochen wird alles entweder verkauft oder verbrannt", berichtet er verzweifelt. Das wäre dann in der kommenden Woche. Und auch die Frist, die ihm für das Leben im Container gesetzt worden ist, wird allmählich eng.
Die Stadt will die Familie im Winter nicht auf die Straße setzen. Aber auch Bürgermeister Riegler hofft auf einen Vermieter, der ein Herz für die Dinters und eine entsprechende Wohnung hat.