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Marksteft: Neue Hoffnung für Brustkrebspatientinnen - künstliche Brustwarzen durch Tattoos


Autor: Gwendolyn Kaiser

Marktsteft, Mittwoch, 17. April 2024

Den meisten Frauen mit Brustkrebs werden die abgenommenen Brüste ersetzt - in der Regel ohne Brustwarzen. Ein fränkischer Tattoo-Spezialist hat eine tolle Lösung parat - ihm schlägt viel Dankbarkeit entgegen.
Tattoo-Künstler Andy Engel aus Marktsteft tätowiert bei Brustkrebspatientin Anja D. während einer Brustwarzenrekonstruktion eine Brustwarze.


Die häufigste Krebsdiagnose bei Frauen in Deutschland ist laut der Deutschen Krebsgesellschaft "Brustkrebs".  Viele Frauen verlieren hierbei eine oder beide Brüste.

Diese können zwar durch Implantate wiederhergestellt werden, aber selten werden auch die Brustwarzen nachgebildet. Anja D., eine ehemalige Patientin, ließ sich nun ihre Brustwarzen im Landkreis Kitzingen tätowieren.

"Schäme mich oft": Anja D. verlor beide Brüste

Circa 70.000 Frauen erkranken nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft jährlich an dieser Krebsart. Anja D. ist eine davon, die 2021 an einer aggressiven Form erkrankt, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

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Es folgte Chemotherapie, die Brust wurde abgenommen. Im vergangenen Jahr ließ sich die 57-jährige Frau aus Aichach in Schwaben aus ihrem Bauchfett eine neue Brust formen. Doch wirklich wohl fühlte sie sich bisher nicht.

"Früher hatte ich nie Probleme mit Nacktheit, aber jetzt schäme ich mich oft", sagt die Bürokauffrau. Die neue Brustwarze soll der Abschluss einer Leidensgeschichte sein. "Ich hoffe, damit einen Haken an die Geschichte setzen zu können."

Höhere Zufriedenheit: Brustwarzen-Rekonstruktion essenziell

Laut einer Übersichtsarbeit italienischer Forscher ist die Brustwarzen-Rekonstruktion aus Sicht von Krebspatientinnen ein essenzieller Teil der Brustwiederherstellung.

Komplikationen seien bei Tattoos relativ selten. "Patientinnen mit Brustwarzen-Rekonstruktion haben eine höhere allgemeine und ästhetische Zufriedenheit", schreiben die Autoren.

Koreanische Wissenschaftler fanden in einer Studie heraus, dass Patientinnen mit Brustwarzentattoos besonders zufrieden sind. Laut australischen Forscherinnen hält die Zufriedenheit auch noch Jahre später an.

Brustwarzen tätowieren: Künstler im Landkreis Kitzingen setzt auf Natürlichkeit

Anja D. hat ihr Tattoo beim Tattoo-Künstler Andy Engel im unterfränkischen Marktsteft im Landkreis Kitzingen machen lassen. "Ich hatte im Netz Geschichten gelesen von Frauen, die bei Ärzten waren, die nur selten tätowieren. Das hatte mit natürlichen Brustwarzen teilweise nichts mehr zu tun", sagt Anja D.

Zum Beispiel sei die Farbe eher grau gewesen. Daher wollte sie lieber jemanden, der sich mit Tattoos wirklich auskennt. Für die Brustwarzen-Rekonstruktion hat Engel eigens Farben entwickelt und bei Brustoperationen zugeschaut. 

Eine gute halbe Stunde hat das Stechen gedauert. Die ganze Behandlung dauerte zwei bis drei Stunden. Zunächst machte Engel ein Foto der noch gesunden Brustwarze und fertigte anhand dessen eine Vorlage für die künstliche Warze.

Mehr als 200 Brustwarzen pro Jahr: Engel tätowiert authentisch

Engel sticht zusammen mit einer Kollegin nach eigenen Angaben etwa 200 bis 250 Brustwarzen pro Jahr. "Die Idee dazu kam 2008 von einer Kundin", erzählt Engel. Eigentlich ist der 51-Jährige bekannt für fotorealistische Porträts von Menschen und Tieren.

Auf einen Termin müssen Kundinnen und Kunden nach seinen Angaben mehrere Jahre warten. Aber Krebspatientinnen ziehe er vor.

Anja D. ist nicht die einzige Krebspatientin, der Engels Tätowierkünste geholfen haben. Auch der 53-jährigen Brigitte gab der Tätowierer wieder realistisch aussehende Brustwarzen.

Werden die Kosten für ein Brustwarzen-Tattoo von Krankenkassen übernommen?

Die knapp 2.000 Euro bezahlt bei Anja D. die Krankenkasse. Laut dem Tattoo-Studio übernehmen 60 Prozent der Kassen die Kosten voll, 20 Prozent teilweise, 20 gar nicht.

Anja D. hat für das Tattoo extra die Kasse gewechselt. Dass sie bei ihrer früheren Kasse auf taube Ohren stieß, ärgert sie sehr. "Brustkrebs ist kein Spaziergang durch den Garten", sagt sie. Neben den körperlichen Beschwerden habe das medizinische System sie sehr belastet.

Oft sei sie Menschen begegnet, die ihr bereits abgestumpft erschienen. "Dann am Ende noch für das Tattoo kämpfen zu müssen, obwohl die Behandlung vorher so viel gekostet hat - das verstehe ich nicht", sagt die 57-Jährige.

Medizinische Tattoos: Auch bei Transfrauen finden sie Anwendung

Anja D. ist einige Tage nach dem Tattootermin zufrieden mit dem Kunstwerk auf ihrer Haut. "Ich bin heilfroh, dass ich das gemacht habe", sagt sie. Für Anja D. ist die Warze nicht nur "die Kirsche auf dem Kuchen", wie sie selbst sagt, sondern sie komplettiere das Selbst wieder

Brustwarzentattoos zählen dabei zu den sogenannten medizinischen Tattoos. Sie werden nicht nur nach Brustkrebs angewendet, sondern auch bei Transfrauen.

Eine andere Form von medizinischen Tattoos ist es, Narben zu Rüberstechen. Beispielsweise lassen sich nach Brustoperationen Narben mit Blumenranken zieren. Engel tätowiert auch Penisse von Transmännern (Penoiden genannt), damit sie die richtige Körperfarbe bekommen.

mit Inhalten der dpa