Eine großzügige Spende von Edeka und GWF hilft den jungen Menschen im Erich Kästner-Kinderdorf.
Autor: Ralf Dieter
Oberschwarzach, Mittwoch, 20. Dezember 2017
15 000 Euro. Eine Menge Geld. Sehr gut angelegtes Geld, wie Paul E. Ritter und Christian Ort meinen. Der geschäftsführende Vorstand der GWF und der Vorstand der Edeka Nordbayern eG übergaben eine entsprechende Spende an das Erich Kästner-Dorf mit Hauptsitz in Oberschwarzach.
46 Kinder sind derzeit in sechs Häusern in den Landkreisen Schweinfurt und Kitzingen untergebracht. Kinder, die in ihren ersten Lebensjahren Schreckliches erlebt haben. Die von ihren leiblichen Eltern getrennt werden mussten. Und im Erich Kästner-Dorf einen Neuanfang wagen können. „Diese Kinder bringen alle einen großen Rucksack an Erfahrungen mit“, erklärt die Gründerin der Einrichtung, Gunda Fleischhauer. „Vieles von dem, was sie erlebt haben, ist auch für uns nicht vorstellbar.“ Was alle Kinder dringend bräuchten: Zeit, Geduld, Zuwendung. Und eine andere Förderung als Gleichaltrige.
Etwa zwei Drittel der Kinder, die im Erich Kästner-Dorf aufwachsen, besuchen die Regelschulen in der Umgebung. Die anderen werden in einer eigens geschaffenen Einrichtung, dem „schulchenPlus“ untergebracht. Auch hier ist Geduld die oberste Tugend. Es kann schon mal vorkommen, dass ein junger Schüler Tage lang nur Musik hört, berichtet der Geschäftsführer der Einrichtung, Gerald Möhrlein. Bis dieser Junge quasi „wach wird“ – aus seinem vorherigen Leben auftaucht. Und am Unterricht teilnimmt.
Dutzende Schicksale haben Gunda Fleischhauer und ihre Mitstreiter im Lauf der letzten Jahrzehnte begleitet, Menschenleben geprägt. „Die Seele braucht Stabilität“, fasst Mitarbeiterin Daniela Huhn ihre Erfahrungen zusammen. Die schlimmen Erlebnisse der Kinder und Jugendlichen sitzen ganz tief. In der Obhut und Sicherheit des Erich-Kästner-Kinderdorfes ließe sich ein Gleichgewicht herstellen. Glücksmomente, Frohsinn und Zuversicht bilden einen Kontrapunkt zu den traumatischen Erfahrungen der frühesten Kindheit.
Gunda Fleischhauer berichtet von einem Jungen, der mit dreieinhalb Jahren in die Einrichtung kam. Er konnte weder laufen noch sprechen, wog 9,5 Kilo. Mit zwölf Jahren hatte er immer noch Angst, alleine ins Dachgeschoss des Hauses zu gehen. Ein Therapiehund half ihm schließlich, viele Ängste zu überwinden. Heute hat er den Führerschein, fährt alleine zum Einkaufen, hat einen Ausbildungsplatz. „Das ist für uns wie ein Wunder“, sagt Fleischhauer. Ihre Erfahrung: Viele ihrer Schützlinge schaffen es, einen eigenen Weg zu gehen. Nur eben langsamer als andere. Sie brauchen Zeit. Und manchmal auch noch Unterstützung über das 18. oder 21. Lebensjahr hinaus.
„Um diese extra Zeit, zumeist zwei bis drei Jahre, müssen wir hier immer kämpfen“, berichtet Möhrlein. Meist enden die öffentlichen Unterstützungen mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben. „Aber die Entwicklung unserer Jugendlichen ist halt anders“, erklärt er. „Diese Kinder und Jugendlichen brauchen eine ganz individuelle F
Möhrleins Wunsch: Nicht die Betroffenen am System ausrichten, sondern das System an den Betroffenen. Das Ziel müsse immer lauten: Die jungen Menschen stark machen, so dass sie selbstständig am Leben teilnehmen können.
Geschäftsführer Möhrlein berichtet von einem jungen Mann, der nach vielen unterschiedlichen Praktika jetzt eine Ausbildung zum Mechatroniker macht. Eine junge Frau hat nach vielen Versuchen, beruflich Fuß zu fassen, ihre Lehre zur Kunstglaserin begonnen. „Es ist immer das Gleiche“, sagt Möhrlein. „Ohne Druck können sie am besten zeigen, was sie können.“ örderung.“