Druckartikel: Iphofen: Wo Schüler für ein lebendiges Gedenken schaffen

Iphofen: Wo Schüler für ein lebendiges Gedenken schaffen


Autor: Ralf Dieter

Iphofen, Montag, 03. Mai 2021

In Iphofen beteiligen sich Neuntklässler am Projekt „DenkOrt Deportationen.“ Sie fertigen aus Sandsteinquadern Koffer, die an die Vertreibung der Juden erinnern sollen.
Fleißig am Hämmern und Feilen: Die Schüler der neunten Klassen stellen die Koffer her, die in Dornheim, Nenzenheim, Hüttenheim und Würzburg aufgestellt werden sollen. Fotos: Ralf Dieter


Sie schleifen und meißeln, hämmern und schmirgeln. Die Schüler der 9a und 9m der Karlheinz-Spielmann-Schule in Iphofen sind seit Wochen fleißig. Aus den Sandsteinquadern sollen schließlich sehenswerte Symbole werden.

„DenkOrt Deportationen 1941 – 1944“ nennt sich ein Projekt, das in ganz Unterfranken an eines der dunkelsten Kapitel in der deutschen Geschichte erinnern will. Ein sichtbares Zeichen der Erinnerung an die Deportierten und ihre letzte Habe sind Gepäckstücke aus Stein, Holz, Metall, Ton oder Plexiglas , die nicht nur am zentralen Gedenkort vor dem Würzburger Bahnhof aufgestellt werden. Ein Pendant des jeweiligen Gepäckstücks wird an gut einsehbaren Orten in denjenigen Gemeinden errichtet, aus denen Juden vertrieben und über Würzburg in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt wurden.

In Kitzingen, Marktbreit, Wiesenbronn und Dettelbach sind solche Koffer bereits zu sehen. In Dornheim, Nenzenheim und Hüttenheim sollen sie noch in diesem Sommer aufgestellt werden.

„Wir wollen uns erinnern“

Gefertigt werden sie in der Mittelschule der Verwaltungsgemeinschaft Iphofen. Die Gemeinden engagieren sich nicht nur finanziell am Gesamtprojekt „DenkOrt Deportationen“, sondern bestätigen durch ihre Beteiligung auch ideell dessen Anliegen: „Wir wollen uns erinnern.“

Im Januar sollte eigentlich der Startschuss für das Projekt fallen. Wegen Corona waren die Schulen damals geschlossen. Also ging es Ende Februar los. Die Fachlehrer Technik, Stefan Schmitt und Nina Sahlmüller, holten sich als Unterstützung den Bildhauer Sascha Fidyka aus Rüdenhausen. Einmal in der Woche arbeitet er seither mit den Schülern und Schülerinnen an den Objekten.

„Dank der Hilfe externer Experten bekommen unsere Schüler einen Bezug zur Arbeitswelt“, freut sich Sahlmüller.

Und tatsächlich: Die Jugendlichen haben zunächst einen Plan erstellt, den sie auf das Werkstück übertragen. Sie bringen eigenhändig die Griffe in die Blöcke aus Schilfsandstein beziehungsweise Kalkstein ein. Am Ende dürfen sie ihre Initialen in die fertiggestellten Koffer eingravieren.

Standorte in den Gemeinden

Die jeweiligen Standorte in den Gemeinden stehen bereits fest. In Dornheim wird ein Koffer beispielsweise an der Kirche platziert, in Nenzenheim ebenfalls gut sichtbar auf einem Sockel mitten im Ort. Eine nachhaltige Wirkung erhofft sich Margret Löther, Vorsitzende des Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen und im mobilen sonderpädagogischen Dienst selbst an der Karlheinz-Spielmann-Schule tätig, von dem Projekt. Sie wünscht sich, dass nicht nur die Schüler der aktuellen 9a und 9m durch ihre Arbeit einen Bezug zur Geschichte bekommen, sondern dass die Koffer in den Gemeinden auch von folgenden Generationen wahrgenommen werden und zum Nachdenken anregen. In diesem Sinne soll auch noch ein Gedenkstein vor dem jüdischen Friedhof Rödelsee von Sascha Fidyka, unter Einbindung Rödelseer Mittelschüler, geschaffen werden – ein größeres Projekt, das von der Marktgemeinde Rödelsee bereits genehmigt wurde. Damit die Aktion an der Iphöfer Schule keinesfalls in Vergessenheit gerät, werden alle Arbeitsschritte – von den ersten Plänen bis zur Fertigstellung – dokumentiert. Sie sollen im Rahmen einer Foto-Ausstellung im Schulgebäude präsentiert werden. In den nächsten Wochen gilt es aber erst einmal, die sechs Koffer fertig zu stellen. Also machen sich die insgesamt 13 Jugendlichen wieder an die Arbeit.