Vorsicht! Höfliche Trickbetrüger
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Mittwoch, 22. August 2018
Wie ein Mann aus der Kitzinger Siedlung hellhörig wurde.
Roland Stronk hat schon viele Anrufe erhalten. Aber so einen noch nicht. Noch einmal will er diese Stimme auch nicht hören. Obwohl sie sehr angenehm war.
Anfang August: Bei Roland Stronk in der Kitzinger Siedlung klingelt das Telefon. Am Apparat ist offensichtlich eine ältere Dame. „Ganz höflich hat sie geklungen“, erinnert sich der 69-Jährige. „Sie hat sich beinahe schon entschuldigt für ihren Anruf.“ Um was es ging? Roland Stronk solle bitteschön ein paar Fragen beantworten zum Einkaufsverhalten älterer Menschen. Wer in der Familie beispielsweise zum Supermarkt geht. Oder ob der Einkauf vorher im Familienkreis besprochen wird. „Lauter belangloses Zeugs“, sagt der 69-Jährige. Ganz nebenbei meinte die freundliche Stimme am Telefon, dass er für seine Teilnahme eventuell sogar einen kleinen Gewinn einheimsen könne.
Und tatsächlich: Etwa zwei Wochen später meldet sich die gleiche Stimme wieder. Roland Stronk habe gewonnen. Und wie es der Zufall will, sei sie mit ihren Mitarbeitern gerade in Kitzingen und könnte den Preis persönlich übergeben. Anders sei das aus rechtlichen Gründen auch gar nicht möglich. Außerdem, so lässt ihn die freundliche Stimme wissen, wäre es gut, wenn seine Frau bei der Übergabe anwesend sei. „Spätestens da war mir klar, dass es um eine Abzocke geht“, sagt der Mann aus der Siedlung. Seine Vermutung: Bei dem angeblichen Übergabetermin des Preises wäre es um ein Verkaufsgespräch gegangen. „Oder die wollten mir eine Versicherung andrehen.“ Gewissheit hat er nicht, schließlich hat Roland Stronk gleich aufgelegt. „Schade eigentlich“, sagt er rückblickend. „Ich hätte die Leute einladen sollen und gleichzeitig die Polizei informieren.“
Keine schlechte Idee, wie Polizeikommissar Andy Laacke von der Pressestelle der Polizei in Unterfranken bestätigt. Eine beherzte Rentnerin aus Stockstadt am Main hat am Freitag vor einer Woche genau so reagiert. So genannte Enkeltrickbetrüger hatten sich bei ihr gemeldet und behauptet, sie seien gute Bekannte ihres Enkels, der dringend 23 000 Euro für den Kauf eines Oldtimers benötigte. Die alte Dame hat den Betrügern versichert, dass sie in einer Stunde das Geld bei ihr abholen können – und kurz darauf die Polizei informiert. „Wir konnten die Erpresser an der Haustür dingfest machen“, erinnert sich Laacke.
Viel zu selten reagieren Senioren so besonnen und überlegt. Viel zu oft werden sie Opfer der Betrüger. Anfang Juli hat sich ein Unbekannter gegenüber Senioren am Telefon als angeblicher Microsoftmitarbeiter ausgegeben. Ganze sieben Stunden gewährte eine 68-jährige Rentnerin dem Mann Zugriff auf ihren Rechner. Dieser hatte der Computerbesitzerin gesagt, dass ihr PC mit Viren verseucht sei. Für eine Gebühr von 199 Euro könne er per Fernwartung das Problem beheben. Die Rentnerin zahlte.
Ähnlich dreist gingen Betrüger im Juni in Würzburg vor. Sie gaukelten einem 50-Jährigen vor, dass er 28 500 Euro gewonnen habe. Vor der Übergabe des Geldkoffers müsse er jedoch 550 Euro in Form von „Steam-Codes“ bezahlen. Der Mann gab die Code-Nummern telefonisch an den Unbekannten durch. Einen Geldkoffer hat er nicht zu Gesicht bekommen.
Die Betrüger haben verschiedene Maschen. Mal sind es Enkeltrickbetrüger, mal falsche Mitarbeiter von Computerfirmen und mal geben sie sich als Polizeibeamte aus. Ihr Ziel ist immer das Gleiche. „Geben Sie niemals Geld für einen vermeintlichen Gewinn aus“, rät deshalb Polizeikommissar Laacke. Auch persönliche Kontaktdaten sollten niemals an Unbekannte herausgegeben werden. Sollten bei einem Anruf irgendwelche Zweifel an der Seriosität des Anrufers aufkommen, dann sei es immer richtig, die Polizei vor Ort zu informieren. Die wird gerade in den Sommermonaten immer wieder mit solchen Betrugsmaschen konfrontiert. „Das ist ein bundesweites Phänomen“, informiert Laacke. „In den letzten Wochen und Monaten hätten sich die Fälle regional allerdings gehäuft. Die ältere Dame, die sich bei Roland Stronk gemeldet hat, sei kein Einzelfall. „Die Betrüger haben auch dazugelernt“, sagt Laacke. „Die sind am Telefon schon lange nicht mehr pampig, sondern überaus höflich.“