Von wegen „Un“kraut
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Mittwoch, 27. März 2019
Wildkräuter machen Hobbygärtnern viel Arbeit, aber sie haben auch ihre guten Seiten. Wer rechtzeitig mit der Harke anrückt, spart sich im Sommer Arbeit.
Ob es einen Ehrentag überhaupt verdient hat? Die Meinungen über den heutigen „Tag des Unkrauts“ gehen sicherlich auseinander. Gartenbesitzern kostet es viel Zeit und oft auch Nerven, die ungeliebten Pflanzen zu entfernen. Doch viele spielen in der Naturheilkunde eine Rolle – und auch in der Kräuterküche.
„Sie haben wegen der Wildkräuter angerufen“, sagt Gottfried Röll. Er ist Berater an der Bayerischen Gartenakademie in Veitshöchheim und damit Fachmann in Sachen Unkraut. Obwohl er das gar nicht unbedingt für die richtige Bezeichnung hält. Eigentlich handelt es sich beim „Unkraut“ nur um Kräuter und Pflanzen, die an Stellen wachsen, an denen wir sie nicht haben wollen. Wachsen sie woanders, stören sie uns nicht.
In den letzten Monaten hat sich im Garten wenig bis gar nichts getan. Zumindest auf den ersten Blick. „Es gibt zwölf Monate im Jahr, in denen der Garten einen sehen will“, sagt dagegen Gottfried Röll. Was bedeutet, dass Gartenbesitzer je nach Bodenbeschaffenheit und Wetter gut daran tun, auch von November bis Februar mal nach dem Unkraut zu schauen und beispielsweise die Vogelmiere zu jäten. „Sie wächst und gedeiht schon bei zwei bis drei Grad plus“, weiß der Fachmann, bei vier Grad blüht sie schon.
Die Pflanze mit den kleinen, eiförmigen Blättern ist ein typischer Bodenkriecher mit feinen Wurzeln, die sich schnell weit ausbreiten – ein Graus für Gartenbesitzer. Wer keinen dichten Vogelmiereteppich in seinen Beeten haben will, muss rechtzeitig einschreiten. Und konsequent, denn die kleinen weißen Blüten können mehrere tausend Samenkörner produzieren. „Die können sogar nach 200 Jahren noch keimen“, erklärt Röll. Früh blüht auch das Wiesenschaumkraut, dessen Vermehrungspotenzial ebenfalls sehr hoch ist.
Logisch also, dass es sich lohnt, früh gegen die unerwünschten Pflanzen vorzugehen. „Wer die Jungpflanzen jetzt übersieht, wird im Sommer viel Arbeit mit dem Unkrautjäten verbringen“, lautet deshalb ein Hinweis der Garten-Fachleute. Wer die Samenunkräuter zwar aus dem Boden entfernt, dann aber liegen lässt, tut sich keinen Gefallen, denn sie vertrocknen über viele Tage nicht, die Samen entwickeln sich weiter und somit ist die Verbreitung nicht gestoppt. Auch auf den Gartenkompost sollte man sie nicht werfen. „Dort ist die Temperatur zu niedrig, um die Samen zu schädigen.“ Wer den Kompost dann später im Garten verteilt, verteilt gleichzeitig das Unkraut. Röll rät deshalb, es in die Biotonne zu werfen.
Samenunkräuter wie die Vogelsternmiere, das Springkraut oder das Kreuzkraut sind im heimischen Garten schon sehr lange bekannt, seit einigen Jahren aber ist auch vermehrt der rotblättrige Sauerklee zu finden. „Es wird vermutet, dass er über minderwertige Torfprodukte eingeschleppt wurde“, informiert der Gartenberater. Klee hat eine faszinierende, wenngleich auch tückische Eigenheit: Der Samen befindet sich in kleinen Kapselfrüchten, die sich bei Berührung öffnen und den Samen ruckartig wegschleudern – bis zu fünf, sechs Meter weit, so Röll.
Aufmerksamkeit ist auch bei der Beseitigung von Wurzelunkräutern gefragt. Giersch, Quecke oder Winde bilden im Untergrund bereits ein dichtes Geflecht, wenn sie an der Bodenoberfläche noch kaum zu sehen sind. Hier müssen die Wurzeln vorsichtig ausgegraben werden, denn selbst die kleinsten verbliebenen Wurzelteilchen beginnen wieder zu wachsen.