Von Furzwichteln und Klorollen
Autor: Fastenredaktion
Kitzingen, Freitag, 18. März 2022
Die Kitzinger Fastenredaktion ist konfrontiert mit Herausforderungen, die manchen guten Willen überfordern.
Wir fasten wieder, wie jedes Jahr. Bis Ostern hat jedes Redaktionsmitglied eine Spezialaufgabe. Die eine Kollegin fühlt sich in die technische Steinzeit zurückversetzt, die andere kämpft mit dem Bewegungsring auf ihrer Uhr. Die nächste muss sich mit der richtigen Verständigung in der Familie befassen und ihren Kindern beibringen, dass nicht alles, was dem Körper entfährt, die Sinne der anderen Menschen erfreut. Und dann ist da noch diejenige, die in theatralischer Hinter- und Durchtriebenheit arme Bofrost-Menschen linkt. Welch eine Woche!
(Sieben Wochen leichter): Erstaunlich, mit welcher Treffsicherheit das „Sieben Wochen leichter“-Team die wunden Punkte unseres Familienalltags erwischt. Zum Thema „Sag es leichter“ schoss mir direkt ein zentraler Satz unserer Kommunikation in den Kopf: „Welche Sprache verstehst Du eigentlich?“ Ich sage ihn oft. Oder denke ihn zumindest. Wenn die Büchertasche wieder den Eingang blockiert, das Schmatzen am Esstisch auch das Rülpsen und Pupsen übertönt oder gar ein Kind fehlt – weil die Anweisung „Sei bitte vor der Brotzeit zu Hause“ offenbar nicht eindeutig genug war. „Wir sprechen die gleiche Sprache, aber verstehen uns trotzdem nicht“ steht im Fastenimpuls des Bistums Würzburg geschrieben. Das stimmt – in beide Richtungen. Als hätte ich gewusst, wer Lloyd Garmadon, Jay Walker und Sensei Wu sind... Letzte Woche habe ich mir die Zeit genommen, mich aufklären zu lassen – und durfte gleich mitspielen bei Lego Ninjago. Bis die Sprache plötzlich nebensächlich wurde: Mein Vierjähriger schlich zu mir herüber, setzte sich auf meinen Schoß und drückte mir einen dicken Kuss auf die Wange. Wir verstehen uns halt auch ohne Worte. Meistens.
P.S.: Das mit dem Schmatzen, Rülpsen und Pupsen haben wir auch noch mal besprochen – mit dem Zungenbrecher „Unter einer Fichtenwurzel hör' ich einen Wichtel furzen“. Wir hatten einen Mordsspaß. Und kamen zur Erkenntnis: „Wir sind doch gar keine Wichtel! Wir sind schon groß!“ Na also!
(Fiesheit fasten): Nachdem es anfangs, wie berichtet, grottenschlecht gelaufen ist, hab' ich mich zusammengerissen und wirklich angestrengt. Als das Klopapier fast leer war, habe ich schon neues bereit gelegt, obwohl es mich in den Fingern gejuckt hat, es denen heimzuzahlen, die sonst das letzte Blatt benutzen und sodann gewissenlos verduften. Noch am Zögern bin ich, was die Herrenlose-Socken-Kiste betrifft, die fast überläuft. Gefühlt 1000 dunkle Dinger in allen Schwarz-, Dunkelgrau- und Dunkelblau-Schattierungen, die irgendwann ihren Partner verloren haben. Ob ich sie einfach irgendwie zusammenstecke? Oder wäre das fies, weil peinliche Momente für meine Jungs – sei's bei der Freundin oder beim Sport – programmiert wären? Während ich noch überlege, klingelt das Telefon. In der Leitung ist so ein armer, netter Mitarbeiter einer Firma, die gekühlte Lebensmittel an den Mann bringen will. Dem kann ich jetzt nicht sagen, dass ich grad keinen Nerv habe, mir die Angebote anzuschauen. Schon höre ich mich schauspieldivenhaft ins Smartphone flöten: „Hallo? Hallloooo?? Schlechte Verbindung?!? Ich kann Sie nicht hööören...“, und, zack, leg' ich auf. Eine Sekunde später wird mir bewusst, wie schrecklich ich bin. Und schon wieder ist ein Euro fällig, ein Euro für die Fiesheitskasse. Aber davon nächste Woche. Bis dahin bin ich hoffentlich geläutert...
(Bewegung): Womöglich habe ich es mir zu einfach gemacht. Gedacht, man muss sich ja sowieso jeden Tag bewegen und dann wird es schon werden. Aber das Motto hat seinen Preis. Weiter weg parken bedeutet mehr Schritte, aber auch, abends tropfnass am Auto anzukommen, weil man morgens den Schirm in Selbigem vergessen hat. Seine schönsten Schuhe im Matsch auf dem Bleichwasen zu ruinieren. Abends, ich hatte es schon erwähnt, noch schnell ein paarmal die Treppe rauf und runter zu rennen, damit sich der Bewegungsring auf der Trainingsuhr schließt. Wobei ich mir schon überlegt habe, ob ich meine Familie als Personal-Trainer nutze. Vielleicht kennen Sie das: Oft macht man nicht gleich, was man machen muss, sondern stellt die Aufgabe erst mal halblaut in den Raum, mal deutlich, mal verklausuliert. Das ist gar nicht mal als Aufforderung gemeint, dass es jemand anders machen soll. Man sagt es halt so vor sich hin. „Ich hätt' jetzt Lust auf Chips“, „Mei' Cola ist schon wieder leer“, „Irgendwie friert's mich ein bisschen“, „Der Hund hat bestimmt wieder Hunger“... Ich könnte, um meinen Bewegungsring zu schließen, jedes Mal aufspringen, in den Keller, in die Küche, in die Holzhalle gehen. Täte mir gut, würde den Rest der Familie wahrscheinlich freuen. Aber ich hab ein bisschen Angst vor den Folgen. Angeblich gewöhnen Menschen sich nach drei Wochen an Veränderungen. Die Fastenzeit dauert länger. Kann ich eigentlich notfalls zur Halbzeit mein Motto tauschen?
Nina Grötsch(Handy-Bildschirmzeit-Fasten): Nix wird getauscht! Durchhalten, Leute! Für mich bedeutet der weitgehende Verzicht auf mein Handy einen technischen Rückschritt: Ich bezahle an der Supermarktkasse jetzt wieder mit meiner EC-Karte statt mit dem Handy-Display, stelle morgens einen echten Wecker und verteile Post-Its in meinem Haus, damit ich nicht nochmal einen Termin verpasse – wie in der ersten Woche gleich zweimal passiert. Einzig die ParkApp nutze ich noch, weil ich einfach nie Kleingeld für den Parkautomaten habe. Die Versuchung, dann direkt auch WhatsApp, Insta, Facebook und Co. zu checken, ist groß – mein Durchhaltevermögen aber zum Glück auch. Erst am Abend widme ich mich den meist über 80 Nachrichten, die im Laufe des Tages eingetrudelt sind – ein wahrer News-Flash, der für mich schon zu meiner ganz persönlichen „Tagesschau“ geworden ist.