Druckartikel: Von abgebissenen Ohren und fastenden Autos

Von abgebissenen Ohren und fastenden Autos


Autor: Ralf Dieter

Kitzingen, Donnerstag, 15. März 2018

Das Fastenzeit-Projekt der Redaktion nimmt skurrile Auswüchse an. Schummelt am Ende das ganze Quartett?
Saubere Sache: Ralf Dieter verbrennt beim Autowaschen rund 150 Kilokalorien.


Kitzingen

Ralf Dieter hätte fast die Fenster geputzt, Nina Grötsch trinkt zuviel Wein, Diana Fuchs wird vom Hafer gestochen und Daniela Röllinger würde Schnecken essen, wenn sie denn nach Schokolade schmecken würden . . . Sind wir alle nach vier Wochen Fastenaktion irre?

Nina Grötsch

(weniger Kohlenhydrate): Ich erwische es leider immer öfter. Das kleine Teufelchen auf meiner linken Schulter, das mir gut zuredet: „Iss ruhig, Nina, Du machst schließlich LOW carb, nicht NO carb!“ Während ich von Kartoffeln, Nudeln, Reis, Spätzle und gefühlt allen anderen Beilagen bisher konsequent die Finger lasse (es sei denn, ich mache die Nudel-al-dente-Quetschprobe für meine Kinder), bin ich diese Woche leider anderweitig schwach geworden. Die leckeren Quarkhäschen meiner Mutter hatten meine Aufmerksamkeit einfach verdient (anfangs wollte ich ja nur die zwei Ohren abbeißen…)

„Beim vierten Wein kam ich ins Grübeln.“
Nina Grötsch Rechtfertigungsversuch Nr. 1

Die zweite Sünde war eigentlich reiner Selbstschutz. Ich war auf Jungweinprobe eingeladen. Auf jedem Tisch standen Schälchen mit Kochkäse, Griebenschmalz und Lachsaufstrich. Dazu ein Korb mit Bauernbrot. Die ersten Weine blieb ich knallhart. Sollten die um mich herum doch alle kugelrund werden! Ich würde keinen Bissen essen! Beim vierten Wein kam ich ins Grübeln. Wie es wohl wirken würde, wenn ich mir ein Löffelchen aus der Küche hole? Beim letzten Wein war es vorbei. Ich griff zu dem kleinen Knörzchen, das mir schon seit Beginn des Abends zugezwinkert hat. Es war schließlich schon immer ein weiser Rat, etwas im Bauch zu haben, bevor man Schöppeln geht. Mein einziger Gedanke: Hoffentlich war es noch nicht zu spät!

Daniela Röllinger

(nichts Süßes): An manchen Tagen wär so ein Stückchen Schokolade schön. Vielleicht auch zwei Stücke, eine Rippe oder eine Tafel, das kommt ganz auf die äußeren Umstände und die innere Verfassung an. Die Lust auf Süßes hat sich im Lauf der letzten Wochen eingeschlichen, ohne dass es mir anfangs richtig aufgefallen wäre. Aber jetzt ist sie da und will nicht mehr weg.

Schokolade macht glücklich, das kann man immer wieder lesen. Warum verzichte ich dann darauf? Schön blöd, eigentlich. Zumal Schokolade noch andere tolle Eigenschaften hat. Sie kann Schnecken beim Lernen helfen. Das steht irgendwo in den Untiefen des world wide web. Essen gestresste Mütter während der Schwangerschaft Schokolade, lächeln ihre Babys im Alter von sechs Monaten mehr, steht da außerdem. Den Wahrheitsgehalt kann ich nicht nachprüfen, ich erinnere mich nicht daran, wie häufig meine Kinder mit einem halben Jahr gelächelt haben. In stressigen Zeiten Schokolade zu essen, würde aber zumindest mir öfter ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und das mit der Schnecke kann ich voll und ganz unterschreiben, ich würde bestimmt manches schneller kapieren, wenn ich mein Gehirn mit Zucker puschen dürfte. Ob ich das noch zwei Wochen aushalte?

Ralf Dieter

(mehr Sport): Na ja, es gab schon bessere Wochen. Aber immerhin: Ich habe das letzte Wochenende genutzt, um mal wieder sauber zu machen. Boden wischen, Bad putzen, Wäsche waschen, beinahe hätte ich sogar die Fenster geputzt. Wer jetzt meint, ich würde bei unserem Fastenprogramm schummeln, der hat weder Ahnung vom Schummeln noch von Haushaltsarbeiten. Wer 30 Minuten aufräumt, der verbraucht zirka 90 kcal (Kilokalorien). Eine halbe Stunde Bettenbeziehen ist sogar noch ergiebiger: 105 kcal. Staubsaugen? 110 kcal. Und jetzt kommt's: Gartenarbeit: 180 kcal. Noch habe ich mich nicht ans Zurückschneiden der Bäume und Sträucher gemacht. Aber alleine die Vorstellung bringt mich schon zum Schwitzen. Auch hilfreich für fleißige Abnehmer wie mich: Auto waschen. Bringt laut Tabelle 150 kcal. Da fahr ich gleich zwei Mal durch die Autowaschanlage. Gut für mich und meinen Wagen.

Diana Fuchs

(nur regionale Produkte konsumieren): Ja was schreibt denn der Kollege Ralf da? Er meint also, Autos könnten für ihre Fahrer quasi mitfasten – interessante Theorie. Hat noch jemand Zweifel, wer bei unserer Fastenaktion der Flunker-Fachmann und Mogel-Mogul ist? Gerade wollte er mir obendrein auch glatt noch einen Kaffee andrehen... Ich weiß schon, was passiert wäre, hätte ich den angenommen. Den ganzen Tag hätte er mit dem Finger auf mich gezeigt und „Fastenbrecher“ gerufen.

„Es war ein Versehen. Kein bewusster Fastenbruch.“
Diana Fuchs, Rechtfertigungsversuch Nr. 2

So wie gestern. Da hatte ich so viel zu tun, dass die Mittagspause flach fiel. Zum Glück fand ich in den Untiefen der Schreibtischschublade noch einen alten Müsliriegel, „Crunchy Hafer“. Der hat mir quasi das Leben gerettet! Tatsächlich habe ich leider erst nach dem Runterschlucken darüber nachgedacht, ob Hafer & Co. aus der Region stammten... Tut mir leid! Das war ein Versehen, kein bewusster Fastenbruch! Zum Ausgleich habe ich abends dafür die „Pizza regionale“ erfunden, mit Rapsöl, Mehl aus Mainfranken, eingemachter Tomatenpampe von meiner Freundin Bine, mit Käse aus dem Hofladen, Basilikum aus Albertshofen und Salami vom Metzger nebenan. Wahrlich: ein Gedicht!