Vom Traubenkern zum Öl
Autor: Caroline Münch
Rüdenhausen, Montag, 11. Oktober 2021
Ein altes Handwerk lebt wieder auf: Familie Schwanfelder stellt mit eigens hergestellten Maschinen Traubenkernöl her – als einziger Familienbetrieb in Bayern.
Mainfranken befindet sich mitten in der Weinlese. Das bedeutet normalerweise: Die Trauben werden geerntet und zu Wein weiterverarbeitet. Doch es geht auch anders, wie die Familie Schwanfelder aus Abtswind beweist. Im unterfränkischen Familienbetrieb werden verschiedene Öle erzeugt – unter anderem Traubenkernöl.
Ursprünglich hatten die drei Brüder Hans, Thomas und Herbert die Idee, aus selbst angebautem Raps und Sonnenblumen Öl für ihre Fahrzeuge zu gewinnen. „Doch dafür hätten wir zu viel investieren müssen“, erinnert sich Herbert Schwanfelder. „Außerdem ist das Öl zu schade für die Maschinen“.
Also hat sich die Familie umentschieden. Seit 2007 erzeugen die drei Brüder in Handarbeit Speiseöle. Aus ihrem denkmalgeschützten Anwesen, ehemals ein Bauernhof, ist nach aufwendigen Renovierungsarbeiten eine moderne Produktionsstätte für Ölkernprodukte geworden. Dort erlernen sie altes Handwerk wieder neu. „Vor zehn Jahren wusste ja keiner mehr etwas vom Traubenkernöl, geschweige denn von der Herstellung“, sagt Herbert Schwanfelder.
Welche Rebsorten? Egal
Der Produktionsprozess beginnt damit, dass die Familie den Trester der Winzer bekommt, also anfallende Rückstände, die bei der Herstellung von Wein entstehen. „Es ist egal, welche Rebsorten wir geliefert bekommen“, erklärt Herbert Schwanfelder. „Nur Öl aus Rotweinkernen schmeckt ganz anders, das ist dann etwas härter und rauer, nicht so weich wie bei den Weißweinkernen.“ Die Ernte beginnt meistens mit Bacchus, gefolgt von Müller-Thurgau, Silvaner und Riesling.
Den Trester bezieht die Familie immer von unterschiedlichen Winzern aus der Region. Mal von der GWF aus Repperndorf, mal aus Iphofen. Dieses Jahr ist Castell dran. Dort liegen am Fuß des Weinbergs schon mehrere große Haufen Trester, sie sehen von Weitem fast aus wie Komposthaufen. Der Geruch nach Frucht und Wein steigt in die Nase. Der Trester dampft noch, ist ganz frisch, was für die Schwanfelders enorm wichtig ist. Sie wollen den Grundstoff sofort verarbeiten, bevor die Gärung beginnt. „Das muss alles ganz schnell gehen, deshalb fahren wir die Siebmaschine bis hoch an den Weinberg“, erklärt Schwanfelder.
Körperlich anstrengende Arbeit
Mit Kopfhörern in den Ohren stehen die Söhne der Schwanfelders, Hannes und Toni, auf den Tresterhaufen, lockern diese mit einem Rechen auf und sinken fast darin ein. Anschließend wird der Trester auf einer Art Förderband hochgefahren und wird dabei durchgesiebt, sodass am Ende nur noch die Kerne, frei von Stielen, Kämmen und Fruchtresten, vom Band in grüne Behälter fallen. Das Sieben ist körperlich die anstrengendste Arbeit im Herstellungsprozess des Öls.
Die Gerätschaften dafür hat die Familie aus verschiedenen Teilen selbst zusammengebaut, anfängliche Hindernisse haben die Brüder nicht davon abgehalten, ihren Traum zu verwirklichen. „Als wir loslegten, wussten wir ja gar nicht, wie so etwas funktioniert“, erinnert sich Herbert Schwanfelder. „Da kann man nicht einfach mal zur BayWa fahren und sagen, wir brauchen mal eine Siebmaschine für Trester.“ Das Erfinden der Geräte war mit viel Geschick, Geduld und Tüfteln verbunden. Das Sieb und die Förderbänder haben die drei auf verschiedenen Bau-Messen, zum Beispiel in München, entdeckt. Das Sieb wird normalerweise für Steine und Erde benutzt. „Das haben wir dann in Edelstahlausführung bauen lassen“, erinnert sich Herbert Schwanfelder stolz. Was ihnen beim Zusammenbau und der Einstellung der einzelnen Arbeitsgeräte geholfen hat: Die drei Brüder haben Erfahrungen im Bereich Elektrotechnik sowie Verfahrens- und Kellereitechnik.