Photovoltaik-Freianlagen. Wie viele verträgt der Landkreis?

34 Hektar sind in Abtswind geplant, 43 Hektar in Biebelried und in der Gemarkung Buchbrunn sind zehn Hektar in Planung. Die Freiland-Photovoltaik ist ein Weg, um die Energiewende zu beschleunigen. Sie hat Befürworter – aber auch einige Kritiker.
Manuel Zeller Bosse ist Geschäftsführer der Firma Südwerk aus Burgkunstadt in Oberfranken. Er projektiert die drei oben genannten Flächen und er kennt die Argumente für und gegen deren Realisierung. „Oft werden Fakten verdreht oder schlicht falsch dargestellt, wenn Freiland-Photovoltaik schlecht geredet wird“, beklagt er. Zuletzt hat er das in Abtswind erlebt. Dort hat er das Projekt Ende Juni im Gemeinderat vorgestellt. Auf sieben Hektar wird bereits Strom zwischen der Autobahn und Untersambach betrieben, weitere 34 Hektar sollen ab 2022 dazu kommen. Ein bis zwei Jahre rechnet Zeller Bosse für die Planungsphase, die Bauzeit selbst wird rund drei Monate betragen. Jährlich soll die Anlage 36 Millionen Kilowattstunden Strom liefern, etwa 11.200 Privathaushalte versorgen. Nach der Abschreibungsphase könne die Gemeinde mit Gewerbesteuer-Einnahmen von rund 3000 Euro pro Hektar rechnen – jährlich.
Nicht der einzige Grund, warum sich Bürgermeister Jürgen Schulz für das Projekt und eine Änderung des Bebauungsplans ausspricht. „Der Strom muss irgendwo erzeugt werden“, erinnert er. „Einfach so kommt er nicht aus der Steckdose.“ Dennoch gab und gibt es auch in Abtswind Widerstande. Ein unverhältnismäßiger Flächenverbrauch wurde in einem Leserbrief an diese Zeitung kritisiert. Wertvolles und nutzbares Ackerland würde wegfallen, die Landschaft entstellt. Wildtiere könnten die eingezäunten Flächen nicht nutzen. Bevor die Landschaft verunstaltet wird, sollten lieber die Dächer mit Solaranlagen bestückt werden.
Manuel Zeller Bosse kennt diese Argumente. „Sie kommen oft aus dem wertkonservativen Milieu.“ Die Gegner seien laut, aber letztendlich in der Minderheit. Diese Erfahrung macht er zumindest bei seinen Vorträgen in den Gemeinderäten. „Die Frage ist ja auch immer, was die Alternative für den Klimawandel, die größte Herausforderung der Gegenwart, ist“, sagt er. Eine überzeugende Antwort darauf habe er bisher nicht erhalten.
Ein Argument kann er in Abtswind jedenfalls entkräften. Bei einer 34 Hektar großen Photovoltaik-Anlage wären gerade mal 5,9 Prozent aller landwirtschaftlich genutzten Flächen belegt. Für etliche Landwirte sei die Verpachtung dieser Flächen sogar Existenz erhaltend. „Sie überlassen uns nur einen Teil ihrer Flächen und gewinnen durch das Nutzungsentgelt Sicherheit, um die anderen Flächen weiter zu bewirtschaften“, argumentiert er. Manch ein Landwirt habe auf diese Art und Weise eine ansonsten unweigerliche Betriebsaufgabe vermeiden können.
Von einer Verschandelung und Entstellung der Natur könne auch keine Rede sein. Die Belange von Anwohnern, die Interessen der Gemeinden und der Naturschutz würden stets abgeglichen und berücksichtigt, versichert er. Mit Hilfe von Simulationsprogrammen werde beispielsweise die Einsehbarkeit der Anlagen von Wohngebieten aus geprüft. „Wir reden über Außenbereiche, weit abseits geschlossener Ortschaften“, betont Zeller Bosse. „In Lagen, die weder touristisch relevant noch jemals für eine Wohnbebauung geeignet sind.“
Für die Natur seien die Flächen oft ein Gewinn. Zwischen den Solarmodulen bilden sich vielfältige Pflanzengemeinschaften aus Gräsern, Kräutern und Blumen. Der Boden werde mit wichtigen Nährstoffen versorgt und könne sich auf natürlich Weise von der landwirtschaftlichen Nutzung erholen. „Auch die Ansiedlung von Bienenvölkern oder die Nutzung als Schafsweide ist möglich“, so Zeller Bosse. Kleinere Wildtiere könnten unter den Zäunen sehr wohl hindurch schlüpfen.
Auch den populären Verweis auf Dachflächen für die Erzeugung von Solarstrom lässt Zeller Bosse nicht gelten. „Wenn die Energiewende erreicht werden soll, dann müssen wir nach der Abschaffung von Atom- und Kohlestrom den gesamten Energieverbrauch aus erneuerbaren Energien decken.“ Dieser betrage nach Berechnungen des Bayerischen Landesamts für Statistik pro Einwohner in Bayern 41.750 Kilowattstunden jährlich. Demnach habe die Gemeinde Abtswind mit 857 Einwohnern einen Energiebedarf von rund 35,8 Millionen Kilowattstunden im Jahr. „Davon werden vor Ort derzeit knapp 10,9 Prozent mit erneuerbaren Energien erzeugt, es fehlen also noch gut 89 Prozent.“ Die Dachflächen sollten seiner Meinung nach auf jeden Fall ausgeschöpft werden. „Aber sie reichen nicht“, betont er. „Wir brauchen auch Freilandflächen.“
Die werden von den jeweiligen Gemeinden genehmigt – oder auch nicht. „Gemeinden können relativ frei entscheiden, ob sie eine solche Anlage möchten oder nicht“, erkärt Michael Goller, Sachgebietsleiter Bauen und Planungsrecht am Landratsamt. Das Landratsamt sei „nur“ Rechtsaufsichtsbehörde. „Insofern haben wir keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten.“ Im Jahr 2018 liefen vier Anfragen und im Jahr 2019 acht Anfragen von Gemeinden ein. Gescheitert sind laut Goller zuletzt Anträge in Iphofen-Nenzenheim und Kleinlangheim. Gebaut wird unter anderem in Biebelried und Abtswind.
Mit seiner Firma plant Zeller Bosse derzeit Photovoltaik-Anlagen auf mehr als 3000 Hektar in Bayern, Thüringen und Österreich. Laut Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sollten in zehn Jahren 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Nach Schätzungen des Bundesverbands Solarwirtschaft e. V. müssten dafür pro Jahr mindestens zehn Gigawatt Photovoltaik in Deutschland installiert werden. „Tatsächlich bietet Freiland-Photovoltaik die einzige realistische und umweltverträgliche Chance auf Klimaneutralität“, so Zeller Bosse. Er ist überzeugt: „Ohne Photovoltaik wird die Energiewende scheitern.“