Traktor-Sternfahrt nach Berlin - Landwirt aus Unterfranken: "Politik geht uns an die Nieren"
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Dienstag, 26. November 2019
Landwirte aus ganz Deutschland fahren mit ihren Traktoren zur Demo nach Berlin. Mittendrin: Günter Schwab aus Kitzingen.
Er ist unterwegs. Seit Sonntagfrüh schon. Zusammen mit tausenden anderen Landwirten aus ganz Deutschland will Günter Schwab am Dienstagmittag in Berlin demonstrieren. Und dafür nimmt er gerne ein paar ungewöhnliche Reisestrapazen auf sich.
Es ist eine Demonstration wie sie Deutschland noch nicht erlebt hat. Rund 5000 Traktoren werden heute am Brandenburger Tor erwartet, rund 10.000 aufgebrachte Landwirte. Auch aus dem Landkreis Kitzingen haben sie sich auf den Weg gemacht. Günter Schwab ist am Sonntag, um 6.30 Uhr in der Früh, in seinen Bulldog gestiegen. Motor an, Licht an – und dann ging es mit Tempo 35 nach Geldersheim, wo sich die Teilnehmer aus Unter- und Mittelfranken versammelten. Nach und nach kamen die Kollegen aus Thüringen und Hessen dazu. Über die A71 ging es Richtung Berlin. Erste Übernachtung in Arnstadt, die zweite rund 70 Kilometer vor Berlin. Ein Obst- und Gemüsehof hat dort eine ehemalige Kaserne für seine Saisonarbeiter umgebaut. 1400 Betten standen den Demonstranten zur Verfügung. Vorsorglich hatte Schwab seine Isomatte und seinen Schlafsack dabei.
Im Konvoi machten sich die Landwirte auf den Weg in die Hauptstadt. Aus Oberbayern, aus dem Breisgau, aus Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Immer begleitet von der Polizei. „Einen Demonstrationszug über die Autobahn hat es in Deutschland noch nie gegeben“, sagt Schwab. Er hätte sich die Fahrt gerne gespart. Aber es sei wichtig, die Öffentlichkeit zu informieren. Die Arbeitsbedingungen für Landwirte verschlechtern sich nach seinen Worten immer mehr. „Es ist höchste Zeit, dass wir uns wehren.“
Günter Schwab ist ein besonnener Mensch. Am liebsten verbringt er seine Zeit auf dem Traktor. Alleine, auf seinen Feldern. Die Öffentlichkeit scheut er. Aber jetzt müssten die Landwirte Gesicht zeigen. „Die Politik der letzten Wochen und Monate geht uns an die Nieren“, sagt er. Und: „Es war ein Fehler, all die Entscheidungen einfach geschluckt zu haben.“
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Schwab bewirtschaftet rund 100 Hektar Ackerfläche in Kitzingen. 2005 hat er eine Biogasanlage errichtet. Eine der ersten im Landkreis. Die wird vor allem mit Mais gefüttert. Auch die Mahd der Wiesen im Wasserschutzgebiet der LKW landet dort.
„Das Gras würde sonst kompostiert“, sagt Schwab und spricht von einer guten und sinnvollen Verwertung. Eine dezentrale Energiegewinnung ist für ihn die beste Lösung für die Herausforderungen der Zukunft auf dem Energiesektor. „Aber jetzt mag die Regierung ja keine nachwachsenden Rohstoffe mehr“, ärgert er sich. Bislang ist Strom aus Biogas mit bis zu 25 Cent pro Kilowattstunde (kWh) vom Staat vergütet worden. In fünf Jahren läuft die Förderung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus. Schwab muss dann auf dem freien Strom-Markt konkurrieren. Gegen Kohle- und Gasanbieter. Ob sich das wirtschaftlich rechnet?
Was ihn noch viel mehr wurmt, ist die neueste Düngeverordnung. „Fernab jeglicher Praxis“, urteilt er und betont, dass er keinesfalls gegen alle staatlichen Einschränkungen ist. Die Vorgaben in den vorherigen Düngeverordnungen waren für ihn nachvollziehbar. Eine bodennahe Ausbringung der Gülle, eine Ausbringung nur zu den Zeiten, in denen auch ein Bedarf da ist. „Alles einsehbar“, sagt er. Aber jetzt gefährden die Vorschriften die Existenz der Betriebe. Den ganzen Sommer über soll eine Sperrfrist kommen. Und es soll nur noch 80 Prozent des Bedarfs gedüngt werden. „Schwachsinn“, sagt Schwab. „Nicht zielführend.“